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Sterben heute

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Stefanie Job war einst die allererste Miß Europa, war Filmdramaturgin, Lektorin, Aussteigerin. In sehr hohem Alter hat sie nun Selbsterlebtes in Romanform gefaßt, keineswegs -das sei vorweggenommen - die bewegten Jahre ihrer Jugend, sondern ihr Altwerden an der Seite ihres geliebten Freundes Lehner, vor allem aber dessen Gebrechlichwerden, dessen Aufenthalt im Pflegeheim, dessen Tod.

Und genau hier wird das Buch zum Zeitbild eines Hieronymus Bosch, makaber, entsetzlich, aber leider wahr. Da ist einmal ihr schlechtes Gewissen, den Freund eingeliefert zu haben,

die Auseinandersetzungen mit überbelasteten Pflegern, das „Kreuzigen" mancher der Kranken an sinnlosen, aber lebenserhaltenden medizinischen Apparaten, dazu oberflächliche Ärzte, dazu am Ende die Überzeugung des Lesers, daß jenes beschriebene Pflegeheim in Zürich pars pro toto für jedes solche Institut überall in der Welt steht. Ein Sterbesilo, ein Vorhof des Todes.

Was ist Glück?, fragt Theodor Fontane und antwortet: eine Griessuppe, eine Schlafstelle, keine Schmerzen, das ist schon viel.

Die alte Dame hat ein herzbewegendes Buch geschrieben, und ihr sei gedankt, daß trotz allem doch hier oder da zwischen denZeilen aufleuchtet, was Menschsein bedeutet: Liebe, Mut, Opferbereitschaft, Klugheit oder auch nur der Blick über diese Welt hinaus.

IM VORHOF. Von Stefanie Job. Edition Hans Erpf, Bern/München 1990. 236 Seiten. öS 271,40

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