Ein neuer Bildband über Wien? Der österreichische Leser ist, was solche Darstellungen betrifft, skeptisch gestimmt. Zu oft wurden ihm - meistens liebliche, manchmal herbe - Klischees präsentiert, zu gut glaubt er die Residenz zu kennen.
Das neue Wien-Buch von Ernst Hausner zeigt die historisch gewachsene Größe der Stadt und läßt auch ihre Anmut spüren; es konzentriert auf das Architektonische und verliert die Einzelheiten nicht aus den Augen; es gibt breiten Raum der Jahrhundertwende und den letzten Jahrzehnten, vermag aber auch die Gegenwart als Teil eines großen urbanen Prozesses begreifbar zu machen.
Die Mittel, mit denen die meisterhafte Leistung erreicht wird, führen zum Geheimnis jeder Perfektion: strenger Aufbau der Gliederung, Originalität und poetische Empfindsamkeit der Betrachtung, Großzügigkeit der Darstellung, Konzentration auf das Wesentliche, Freude am freien Spiel der Phantasie. Eine kurze Stadtgeschichte, auch auf Englisch und Italienisch, bietet knappste Information.
Der Zauber liegt freilich in den Bildern. Sie öffnen das Auge für die oft genug strenge Kultur einer mitteleuropäischen Metropole. Wiener, die den Band zur Hand nehmen, werden ihre Stadt aus neuer Sicht betrachten können.
WIEN. Von Ernst Hausner. Verlag Jugend und Volk, Wien, München 1988. 306 Seiten, öS 1.180,-.
