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Symbiose der Feinde

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Den ödipalen Kampf zwischen Mutter und Sohn wie in einem tropischen Treibhaus zeigt Manlio Santanelli in seinem Stück „Königin Mutter" im Wiener Theater in der Josefstadt. Vorder- und hintergründige Gemeinheiten machen das Leben zur Hölle. Die Mutter, glaubwürdig gespielt von Susanne Almassy, hat Geschmack an der psychischen Knebelung ihres Sohnes Alfredo gefunden. Wolfgang Hübsch legt diesen Fünfzigjährigen äußerst burschihaft an und demonstriert damit nachhaltig, daß es aus symbiotischen Beziehungen außer durch Tod kein Entrinnen gibt. Diesen steuert das Stück mit präziser Logik an.

Der Sohn kommt die Todkranke pflegen, aber eigentlich will er ihre Leidensgeschichte einer Zeitung verkaufen. Die Mutter aber ist stärker: sie beherrscht ihren Sohn und treibt ihn in den Tod. Das Stück zeigt die Symptome scharf und deutlich wie unter einem Brennglas - die Regie von Erwin Steinhauer zielt auf den wechselseitigen Vernichtungskampf, der keine Gnade kennt. Nur wer einander emotionell tief verbunden ist, kann so grausam sein. Hintergründe, psychische Voraussetzungen kann Santanelli nicht zeigen. Das Theater wird zu einem Guckkasten in psychische Abgründe, aber nicht zu einem Ersatz für die Couch.

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