6864812-1977_50_13.jpg
Digital In Arbeit

Theater als Schulstunde

Werbung
Werbung
Werbung

Das Leben besteht aus Widersprüchen, ebenso der Mensch, er ist vielschichtig, sozusagen mehrfach schizophren, in dieser Vielfalt besteht seine Freiheit - diese Gedanken äußerte der junge Gert Kaminski von der Berliner Schaubühne vom Halleschen Ufer, ehe der „Auftritt Donha Marga- rida“ des jungen brasilianischen Autors Roberto Athayde im Dramatischen Zentrum dargeboten wurde.

Das ist eine Schulstunde mit Donha Margarida als Lehrerin, wir, die Zuschauer, sind gewissermaßen ihre Schüler. Die widersprüchige Vielfalt, von der Kaminski sprach, kennzeichnet vor allem diesen jungen Autor selbst. Da provoziert die Lehrerin durch dauernde Betonung von Gehorsam und Disziplin antiautoritäre Einstellungen, da heißt es, Evolution sei nichts und Revolution sei zweimal nichts, um opponierend die als schick geltende revolutionäre Gesinnung zu wecken, da heißt es, das Leben gehe einem auf die Nerven, alles sei Mist. Sexuelle Vorstellungen drängen sich mitunter vor. Die Lehrerin behauptet aber auch, das Leben der Pflanzen, der Mineralien zu fühlen, sie spricht vom Unrecht, das an Tieren begangen wird, und erklärt, Gutes zu tun sei das einzige, was glücklich mache. In der Vielfalt besteht Freiheit? Das Vielerlei des Übernommenen und des spürbar Eigenen wird als Vorzug ausgegeben. Es ist die Freiheit des Unbewältigten.

Die Ausführungen Donha Margari- das werden sehr konzentriert, überaus langsam mit vielen Pausen wechselnd von Susanne Kos, Anita Ramstorfer und Gerd Kaminski gesprochen. Weshalb von dreien? Donha Margarida ist keine Einzelperson, sie steckt angeblich in jeder Lehrerin, in jedem Lehrer.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung