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Tindemans Staatsreform

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Seit den Wahlen vom 17. April hat der belgische Ministerpräsident Leo Tindemans fast alle größeren Parteien mit Regierungsverantwortung betraut, um die schwierige Doppelaufgabe der langfristigen Staatsreform und der Bewältigung aktueller sozial-ökonomischer Probleme zu lösen. Der breiten Mehrheitskoalition steht eine kleine parlamentarische Opposti- tion gegenüber, die sich im wesentlichen aus flämischen, wallonischen und brüsseler Liberalen zusammensetzt. Die kommunistischen, anarchistischen und extrem-linken Splitterparteien sind zur Bedeutungslosigkeit reduziert.

Angesichts der 286.362 Arbeitslosen (nach der Statistik vom 15. November) und der schwierigen Sanierung des Staatshaushaltes sind Kammer, Senat und Regierung unter einen zunehmenden Druck außerparlamentarischer Gruppen geraten, von denen nur wenige zur Klärung, die meisten jedoch zu einer fortschreitenden Verwirrung beigetragen haben.

Ebenso . hatte sich auf dem für die

Staatsreform wichtigen Gebiet des ethnischen Friedens - vor allem in und um Brüssel - eine außerparlamentarische Opposition gebildet, die wegen ihrer Gegnerschaft zum Gemeinschaftspakt der Mehrheitsparteien dem flämischen Selbstbehauptungswillen in breiten Volksschichten entsprach, gleichzeitig aber auch in die Gefahr geriet, von sozialistischen „Basisgruppen“ unterwandert zu werden. Diese Entwicklung ist durch die Gründung der Flämischen Volkspartei abgebremst worden. Das Grundsatzprogramm enthält in seinen sechs Punkten ein bemerkenswertes, uneingeschränktes Bekenntnis zur Sozialen Marktwirtschaft und stellt in seinem Gesamtcharakter keine Einladung für Gesellschaftsveränderer und Revoluzzer dar. Vorsitzender der Flämischen Volkspartei ist der unabhängige Senator Lode Claes, eine angesehene Persönlichkeit aus der belgischen Wirtschaft Ob die neue Partei sich zu dem Ordensfaktor entwickeln wird, der sie sein will, wird sich demnächst erweisen.

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