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Tod der Kultur

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Professor Adolf Frohner, vom Bundeskanzler bestellter: Vertreter für Kunst in der Hörer- und Sehervertretung und im Kuratorium des ORF, verschickt an Kulturschaffende ein Rundschreiben, in dem er sich über die „zur Zeit anscheinend systematische Verdrängung von Informationen über Ausstellungen im Kulturblock der ,£eit im Bild 1“ beklagt. „Kulturbeiträge und besonders solche über bildende Kunst werden leider fast ausschließlich nur mehr in die Magazine „Eintritt frei“ und „Galerie“ gedrängt und dort mit Kriminalfilmen und Sportberichten fast zu Tode konkurrenziert.“

Damit hat Frohner die allgemeine Kulturpleite im größten Massenmedium nur bei einem Zipfel erwischt, bei dem ihm nahegelegenen der bil-denen Kunst. Abgedrängt und „zu Tode konkurrenziert“ werden aber auch Literatur und Musik. Daß Österreich, das „Land der Musik“, das einzige Land Europas ist, dessen Fernsehen keine eigene Musikabteilung mehr hat, ist wohl mehr als ein Kuriosum der „Reform der Reform“ des ORF!

Auch geht es nicht nur um „Kulturberichterstattung“: es geht um die Kultur im Fernsehen schlechtin. Produktionen von kultureller Bedeutung werden noch mehr zurückgedrängt und „zu Tode konkurrenziert“ als die bloße und billigere „Kulturberichterstattung“. Für Kultur ist immer weniger Geld vorhanden, und die Kulturschaffenden werden immer schlechter und schlechter bezahlt. Die Gewerkschaft Kunst hat Mindesthonorar-Vereinbarungen ausgehandelt und rühmt sich ihrer „Erfolge“. Der einzige „Erfolg“ dieser Mindesthono-rarvereinbarungen ist die Tatsache, daß jetzt fast alle Kulturschaffenden nur noch diese ,Mindestho-norare“ bekommen. Diese Entwicklung wurde in der FURCHE bereits im April dieses Jahres vorhergesagt: sie ist prompt eingetreten.

Frohner zitiert das Rundfunkgesetz und den dort verankerten ,JCuL turauftrag“. Dieser Kulturauftrag wird solange nicht im wünschens-, werten Ausmaß erfüllbar sein, solange im „Kulturland“ Österreich nur ein einziger Kunstvertreter im höchsten Gremium des Rundfunks sitzt. Die Politiker, die dort die Oberhand haben, kümmern sich um ihre Belange-und die liegen fernab von Kultur. Ihnen dient die Kultur gewöhnlich nur als Aufputz, und die Kulturschaffenden sind ihnen recht als nützliche Idioten zum Wählerfang.

Wenn Frohner in seinem Brief, der an sich schon eine lobenswerte Tat ist, den „lieben Kolleginnen und Kollegen“ verspricht, sich für die Kultur im ORF einzusetzen, kann er dies nur dann mit einiger Aussicht auf Erfolg tun, wenn er eine Novellierung des Rundfunkgesetzes verlangt und darüber hinaus schon jetzt klar erkennen läßt, daß er bei den kommenden Rundfunkwahlen 1978 die derzeitige Rundfunkführung nicht unterstützen wird. Die Exekutoren der ,Jleform der Reform“ haben in zwei Jahren unverkennbar bewiesen, wozu sie fähig oder nicht fähig sind, so daß es nur eine vernünftige Konsequenz geben kann: ihre NichtWiederwahl und eine „Reform der Reform der Reform“. Professor Frohner hat die Chance, dabei mitzuhelfen.

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