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Totgetrampelte Mörderin

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Gibt es in den Vorstadthäusern nur Streit, Brutalität, Unflat und Verkommenheit? Fast könnte man zu dieser Ansicht kommen, sieht man das Stück „Was haben vom Leben“ des 31jährigen Oberösterreichers W. J. M. Wippersberg, das im Volkstheater uraufgeführt wurde.

Der Vater, ein brutaler, ordinärer Biersäufer, drückt sich von jedweder Arbeit, mißbandelt Frau und Tochter. Diese Tochter Anna will aus dem Elend heraus, wird zum Schlampen, hat zwei Kinder von Vätern, die sich trollten, dennoch ist da ein braver junger Arbeiter, der sie heiratet, sich ihretwegen in erhebliche Schulden stürzt. Aber alles ist ihr zu wenig, es gibt Krach, da geht er davon. Und der Schluß: Sie tötet das jüngere der beiden Kinder in zorniger Aufwallung, randaliert betrunken aus Verzweiflung in einer Bar, wird von den Gästen totgetrampelt.

Was soll das Stück? Von Sozialkritik kann man nicht sprechen, da kein allgemeiner Zustand, sondern Begebnisse vorgeführt werden, die für heute keineswegs typisch sind, für die heutige Arbeiterschaft in keiner Weise gelten. Ursache der Verkommenheit ist die Arbeitsscheu von

Annas Vater. Ursach von Annas krassem Ende ist ihre Lebensgier, die sich mit dem durchaus Erreichbaren nicht zufrieden gibt. Wippersberg bezeichnet seine acht Szenen als „Beispiel“. Ist das nun ein Lehrstück, das ganz allgemein vor jeder Gier warnen soll? Fast richtet sich ein Zeigefinger hinter den gut geschilderten Vorgängen auf. Wie dem sei, die Figuren wirken in ihrer Vulgari-tät und Ordinärheit beklemmend lebensecht. Unverkennbares Talent hierin.

Das Volkstheater bietet für Volksstücke — und sei es, wie hier, bis zum Krassen hin — treffliche Besetzungen. Unter der Regie von Peter Grober ergibt sich ein dicht wirkendes Lebensbild. Peter Hey ist überzeugend der ordinäre, rüde Vater, Brigitte Swoboda gibt der Anna das aggressiv Verbitterte dieser unbefriedigten Lebensgier. Ingold Platzer glaubt man die abgearbeitete, ebenfalls verbitterte Mutter. Georg Nenning hat die gutmütige Schwachheit des jungen Arbeiters. Als miese Zeitgenossen bewähren sich Robert Werner und Bernhard Hall. Lois Egg entwarf die milieugerechten Bühnenbilder.

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