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Traum und Krieg

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(Deutsche Oper Berlin; „Mon- tezuma“ von Carl Heinrich Graun.) Das Preußenjahr endete jetzt mit Musik, zu der Friedrich II., genannt „der Große“, die Worte geliefert hat: Die Deutsche Oper Berlin brachte in Co-Pro- duktion mit der Berliner Festspiele GmbH „Montezuma“ des Hofkapellmeisters Friedrichs, nach einem französischen Libretto seines königlichen Brotgebers, das der amtierende Hofpoet Tag- liazucchi in italienische Verse übersetzt hatte, wie es Opernbrauch war.

Fünf Aufführungen des Azte- ken-Dramas fanden jetzt — in deutscher Sprache und einer ziemlich weitreichenden, aber unumgänglichen musikalischen Bearbeitung — im erstmals (und wohl einmalig) für Opernzwecke genutzten Hebbel-Theater statt. Der Stil war schon dadurch festgelegt: Kammeroper statt monumentaler Rekonstruktion mit Ballett und Chor.

Der Untergang des letzten Aztekenkaisers Montezuma, überwältigt von einem brutal und beutegierig gezeichneten Konquistador Ferdinando Cortes, fügt sich in die aufklärerische Sicht vom „edlen Wilden“. Außerdem identifizierte sich Friedrich, ein Jahr vor Beginn des Siebenjährigen Krieges, mit Montezuma, um dem „Antimachiavell“ aus der Rheinsberger Zeit abzuschwören und zu zeigen, wohin politische Nachgiebigkeit und Gewaltlosigkeit führen.

Dies war der Ansatz für die Inszenierung von Herbert Wernik- ke, der das Stück in Sanssouci spielen ließ, auf die Hereinnahme der „Dritte-Welt“-Problematik wie überhaupt auf szenische „Aktualisierungen“ verzichtete und überraschend spannungsvolles Theater bot. Der in diesem Ausmaß kaum erwartete Erfolg, maßgeblich mitzuverdanken dem Dirigenten Hans Hilsdorf, als Theaterpraktikus und Fleißarbeiter auch an der Einrichtung beteiligt, quittierte eine sinnliche Erfahrung: die Stellung Preußens zwischen idealem Traum, Geselligkeit und Krieg.

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