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Über die Zeiten

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Was die beiden westdeutschen Li-teraturwissenschaftlerinnen mit dieser Publikation über die „vergessenen Briefe an unvergessene Frauen" (so im Untertitel) nunmehr vorlegen, gehört sicherlich zu den herausgeberisch reizvollsten Unternehmungen der letzten Zeit. Einundzwanzig mehr oder weniger prominente Autorinnen schrieben einen - freilich nie abgesandten -Brief an zumeist längst verstorbene, bedeutende Künstlerinnen.

Ein Briefzitat Johann Wolfgang von Goethes gab dabei den Titel für diese höchst ungewöhnliche Anthologie ab, die, wie die Herausgeberinnen betonen, durchaus keine feministische Aktion sein möchte.

Denn der Widerspruch zwischen Kopf und Herz betrifft beide Geschlechter, geht beide an. Und die Sehnsucht, mit einer geliebten oder auch nur faszinierenden Persönlichkeit „über die Zeiten weg" korrespondieren zu wollen, Ungesagtes in Briefform zu bringen, um sich mit Werk und Tat der Abgeschiedenen doch noch auseinanderzusetzen!

So sind aus diesen Briefen ohne Antwort oft aufregende Selbstreflexionen, „Zwiegespräche", Annäherungen und Abrechnungen entstanden, die gleichwohl kaum je einen peinlichen oder banalen Beigeschmack in sich tragen.

Eine mehr als 200jährige Briefkultur ist gegenwärtig im Verfall begriffen, und sie war vielfach durch Frauen repräsentiert. Die zeitgenössischen Schriftstellerinnen bezeugen mit diesem Buch nunmehr, daß eine Umkehr wünschenswert und auch noch möglich wäre.

ES GEHT MIR VERFLUCHT DURCH KOPF UND HERZ. Herausgegeben von Gabriele Kreis und Jutta Siegmund-Schlutze. Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 1990.319 Seiten, öS 232,40.

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