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unbeschreiblich artig“

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Colo, colere, cultus - pflegen. So lernten wir in der Mittelschule. Also kommt „Kultur“ von pflegen. Dabei glaubten wir, als wir Latein zu lernen und Autogramme zu sammeln begannen, daß Kultur von Burg und Oper abhinge. Hoffnung für alle: Auch wenn wir weder zu der einen Hochkultur, die Burg und Oper heißt, noch zu der anderen, nämlich der des hochgezogenen Weines, unter dessen schwer betraubten Zweigen die Traktoren mühelos durchfahren können, irgendeine Beziehung haben - auf Kultur müssen wir deshalb nicht verzichten. Kultur ist alles, was gepflegt ist. Nicht umsonst umschmeichelt Hofmannsthal mit den hübschesten Verbalnuancen seine Helen Air tenwyl im derzeit laufenden „Schwierigen“. Warum wirkt sie so kultiviert? Ganz einfach: Weil sie so „unbeschreiblich artig“ ist, oder anders: Weil sie die „besten Manieren“ hat. Vor lauter Blick auf Kultur vergessen wir, kultiviert zu sein. Dabei ist's doch ganz einfach: einfach artig zu sein. Die Schwierigkeit liegt im „einfach“. Bewußt artig zu sein, erzeugt nicht Manieren, sondern Manieriertheit. '

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