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Ungeheuerlich

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(Schaubühne Berlin; „Kallde-wey, Farce” von Botho Strauß) Nach der Hamburger Uraufführung von „Kalldewey, Farce” waren die Kritiker-Artisten in der Zirkuskuppel: ratlos. Njels-Peter Rudolph war in zweistündiger Parforcejagd ohne Pausen durch den Text gerast.

Die Berliner „Schaubühne” machte natürlich alles anders, setzte nicht auf die pure Farce; Regisseur Luc Bondy ließ mit zwei ausgedehnten Pausen fast dreieinhalb Stunden spielen. Das bewirkte Klärung und — Hinwendung zum Ritual.

„Kalldewey, Farce” spielt mit seiner eigenen Form; wer sich darauf einläßt, sich ernsthaft in sie hineinfragt, fragt sich ins Rätsel hinein und ist verloren, während die einzelnen Teile klar bleiben: Die Bacchantinnen (kein Traum) — Der Traum, die Erfahrung des Unbewußten — Spiele der Erwachsenen, Sehnsucht nach Freud; als Zwischenakt das Verfluchtsein „in eine ewige Komödie”.

Der Schlußteil, monströse Selbstzerstörung des „Schauspielerischen” durch TV-Trivialitäten, ist die Crux des Stückes. An ihm scheiterte die in Karl Ernst Herrmanns imaginativem Raum hinreißend ansetzende Inszenierung ums Haar.

Die Balance zu halten zwischen der Triebpersonifizierung Kalldewey, dem „King”, dem „Schweinepriester”, und dem Initiationsritus der „Zauberflöte”, die Erklärung des Überzivilisierten aus dem Vorzivilisierten: das konnte auch Schauspielern wie Edith Clever, Jutta Lampe mnd Otto Sander nur partiell gelingen, vor allem im ersten Teil; dessen Titel ein Goya-Capricho pa-raphrasiert: „Der Schlaf der Liebe gebiert Ungeheuer”.

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