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Ungeschriebenes Gesetz

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In Jugoslawien überschlagen sich die staatlich kontrollierten Medien mit Enthüllungen. Als größte, „die allein der Presse zu verdanken ist“ — so Ministerpräsident Branko Mikulic -, gilt augenblicklich der Skandal um „Agrokomerc“.

Im Wert von 14 Milliarden Schilling hatte der bedeutendste Lebensmittel-Riese Jugoslawiens in den letzten fünf Jahren ungedeckte Wechsel ausgestellt und so 63 einheimische Banken in den „finanziellen Selbstmord“ getrieben. So der slowenische Spitzenpolitiker Jöze Smole, der im Worteifer die Platitüde von sich gab: „Die Bosnier können einfach nicht wirtschaften.“

Es sei ihm nicht unterstellt, er meine es nationalbetont. Aber seine 1,3 Millionen Landsleute verstanden es als Aufforderung, Slowenien müsse unabhängiger werden.

„Erst geben wir ihnen Entwicklungshilfe, dann Kredite, und zuletzt werden wir noch betrogen“, schrieb dieser Tage eine slowenische Zeitung. Es ist in der Tat nicht zu bestreiten, die „Ljubljanska Banka“ ist eine der Hauptleidtragenden im bosnischen ' Agrokomerc-Skandal. Nur -und darüber schweigt die gesamte Presse: von den gesetzeswidrigen Machenschaften der Manager wußten alle Verantwortlichen.

Die Bosnier griffen allerdings in größerem Maße zu als „vereinbart“. Sie hielten sich auch nicht an das ungeschriebene Gesetz der Nomenklatura, bei Geldtransaktionen in die eigene Tasche die „eigene“ Bevölkerung zu schröpfen.

In Jugoslawien verhalten sich die Parteibonzen immer mehr wie „mittelalterliche Statthalter“, so der inhaftierte Regimekritiker Miodrag Milic, „die, unfähig, in der Gesamtföderation die Macht an sich zu reißen, sorgsam darauf achten, wenigstens in .ihrer' Republik als oberste Landesväter das Sagen zu haben“.

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