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Ungewißheit in Albanien

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Erstmals seit 40 Jahren durfte am vergangenen Freitag der verfolgte Erzbischof von Shkoder, Simon Jubani, der zudem bis 1989 eine 22jährige Haft wegen „illegaler religiöser Betätigung" absaß, an seine albanischen Landsleute appellieren:

„Ich bitte um Gottes Willen, verhaltet Euch ruhig." Der Hintergrund: In gleich vier albanischen Städten - Shkoder, Kavaje, Dürres und Elbasan - war es zu schweren Ausschreitungen und Plünderungen gekommen.

Und das totalitäre Regime in Tirana ist nervöser denn je. Auf der einen Seite laufen seit Tagen Hetzkampagnen im besten stalinistischen Stil gegen alle, die sich an den Hungerrebellionen beteiligten. Die Bilder gleichen denen des Arbeiteraufstandes in Kronstadt^ (Brasov) während der Ceausescu-Ära im November 1988.

Offiziell mehr als hundert „Hooligans" , aber vereinzelt auch Anarchisten und Terroristen, die Mordversuche geplant hätten, müssen sich vor Gericht verantworten. Panzer sind in zahlreichen albanischen Städten aufgefahren. Und die wenigen ausländischen Journalisten wurden „gebeten", das Land der Skipetaren zu verlassen.

Und dann meldet plötzlich der Propagandasender Radio Tirana, es habe Gespräche gegeben zwischen den übermächtigen Herrschern um Staats- und Parteichef Ramiz Alia und den oppositionellen Gruppen, die für Demokratie hungern.

Was immer auch diese „Oppositionellen" sein mögen, ihre Namen sind in Österreich nicht bekannt. Es steht aber die Ankündigung des albanischen Regimes im Raum, daß die KP in den nächsten Tagen auf ihr alleiniges Machtmonopol verzichten werde.

Im Frühjahr soll es sogar „freie Wahlen" geben. Ist das ein verfrühter Aprilscherz - oder fällt ein Jahr nach der großen Wende in Osteuropa tatsächlich die letzte „Bastion des wahren Sozialismus" (Ramiz Alia) ?

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