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Uralt - hochaktuell

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„Es ist uralt, universell und archetypisch und dabei so aktuell wie die Abendnachrichten", so charakterisiert der in den USA und seiner Heimat Rumänien tätige Regisser Andrei Serban das Geschehen auf der Bühne. Gemeint ist die „Antikentrilogie" (Medea, Troierinnen, Elektra), mit der das Bukarester Nationaltheater an vier Abenden bei den Salzburger Festspielen zu Gast war. Doch die antiken Tragödien spielten sich gar nicht auf einer Bühne ab, sondern mitten unter dem bald nachdrängenden, bald erschreckt zur Seite weichenden Publikum.

In den Hallen, Gängen, Höfen des zum alternativen Kulturraum umfunktionierten Sole-Reinigungsgebäudes auf der Halleiner Pernerinsel geschah Schicksalhaftes. Wohl kaum einer, der den immer wieder von lodernden Fackeln erhellten Schauplatz am Ende nicht zutiefst in seinem Inneren berührt verließ!

Und dies, obwohl selbst der humanistisch gebildete, sprachkundige Besucher nur hin und wieder einige altgriechische oder lateinische Satzfetzen aufschnappen konnte. Doch die Körpersprache, der Klang der rhythmisch skandierten, geflüsterten, herausgeschrieenen, angstvollen, drohenden Worte sagte genug. Allen Haß dieser Erde zischten einander Iason und Medea zu. Die bedrohlichen Gesichte Kassandras überfielen nicht nur die Seherin, sondern auch das Publikum.

Archaische Tänze, Gesänge, Prozessionen - alles Leid und alle Leidensfähigkeit dieser Welt waren hautnah gegenwärtig auf der Pernerinsel, das ganze schwere Schicksal der im Krieg geschundenen, ausgetriebenen, doch letztlich unbeugbaren Frauen. In welchem Krieg?

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