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Vampire einst und jetzt

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Der Zsolnay-Verlag bringt gleichzeitig zwei Vampirromane heraus, beide von zeitgenössischen Autoren geschrieben. „Die Vampire von Lissabon“ von dem Franzosen Pierre Kast haben sich im 18. Jahrhundert dort angesiedelt und versuchen ihr Bestes, benehmen sich also überhaupt nicht so, wie man es ruhelosen Toten in der Legende nachsagt. Freilich führen sie ihr notorisches Nachtleben, müssen bei Morgengrauen in ihre Särge zurück, weil sie das Tageslicht nicht vertragen, und warten totenähnlich das Hereinbrechen der Dunkelheit ab.

Sie tun nichts als Gutes und wollen das Gute verbreiten. Politisch gibt es, wie gewöhnlich, gerade einen Machtkampf, und in den werden sie hineingezogen, wider Willen und ohne es zu ahnen. Ihre Besucher wissen oft gar nicht, daß sie es mit Vampiren zu tun haben. Immerhin bildet sich eine Art Gemeinde von Vampiren und Vampirfreunden, und eines Tages wird unter ihnen ein sorgfältig geplantes Massaker veranstaltet. Normalmenschen sind die Übeltäter, Vampire die Opfer.

Ganz anders „Brennen muß Salem!“ von dem Amerikaner Stephen King. Auch diesmal hat sich ein uralter Vampir in der Stadt eingenistet. Er beginnt jedoch alsbald sein mörderisches Treiben genau so, wie man es sich von seinesgleichen erzählt. Er braucht Menschenblut als Nahrung. Durch seinen Halsbiß verwandeln sich die Opfer in Vampire und werden Helfer des „Herrn“,

der infolgedessen einen von Tag zu Tag wachsenden Stab an ergebenen Untergebenen hat. Ansonsten geht es indem Ort und in dem Roman völlig realistisch zu.

Man schreibt das Jahr 1975, und ein aus dieser Gegend stammender, allgemein bekannter Schriftsteller ist gekommen, um rätselhaft gebliebene Eregignisse aus seiner Jugend aufzuklären und daraus ein packendes Buch zu machen. Er geht dem aktuellen Treiben nach, und die Vampir-Story wird zum makabren Krimi.

Beiden Romanen gemeinsam: Sie dichten der Vordergründigkeit der Zeitläufe eine märchenhafte Hintergründigkeit an, aus dem gleichen Sagenreservoir, jedoch in genau entgegengesetzter Auslegung.

DIE VAMPIRE VON LISSABON. Von Pierre Kast. 272 Seiten, öS 170,-. BRENNEN MUSS SALEM! Von Stephen King. 438 Seiten, öS 250,-. Beides: Paul Zsolnay Verlag Wien/Hamburg 1979.

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