7078061-1993_25_14.jpg
Digital In Arbeit

Verdammt zur Unmoral

Werbung
Werbung
Werbung

Der Biologe und Wissenschaftstheoretiker Franz Wuketits will mit seinem Buch „Verdammt zur Unmoral?” keineswegs zur Unmoral auffordern; in seiner „Naturgeschichte von Gut und Böse” plädiert er für eine Ethik innerhalb der dem Menschen durch die Biologie bestimmten Grenzen; aufgrund dieser erklärten Voraussetzung muß er alle moralischen Prinzipien als Idealismen überführen und in das Reich der Illusionen und Utopien verbannen.

Der Autor versteht sein Buch als Entwurf einer „evolutionären Ethik”, die prinzipiell immer nur dem Überleben einer Gruppe (des Stärkeren ?) dient. Daher können „Gut” und „Böse” evolutionsbiologisch sinnvoll nur als „richtig” und „falsch” interpretiert werden. Wenn „Egoismus” und „Altruismus” als Evolutionsprinzipien angesprochen werden, dann ist klar, welche Folgerungen für eine entsprechende Ethik gezogen werden müssen -über einen für jede Ethik zentralen Begriff wie das „Gewissen” genügt somit ein Satz.

Wuketits bemüht sich, in verständlicher Sprache, die Prinzipien der evolutionären Ethik darzulegen. Trotz aller Abgrenzungsversuche zu traditionellen Begründungsversuchen von Ethik - sie werden alle unter dem Elend der „idealistischen Ethik” erfaßt - bleiben gewaltige Fragen offen. Wenigstens ein grundsätzlicher Einwand sei angeführt: Wenn die Einsicht gilt, daß jede Ethik mit einem entsprechenden Menschenbild korrespondiert, dann gilt für die evolutionäre Ethik, daß sie - im Gegensatz zu allen ethischen Systemen des Idealismus - als eine extrem diesseitsorientiert Spielart des Positivismus genannt werden muß: Beide beschränken den Menschen auf das, was er -ihrer Meinung nach - ist, reduzieren ihn auf ein Individuum oder ein Gruppenwesen, lassen ihn aber bei aller „evolutionären Entwicklung” allein, das heißt sie vernebeln den Blick auf das, was er über sich hinaus sein kann.

Die von Wuketits vertretenen Thesen sind nicht neu, aber sie bedürfen der intensiven argumentativen Durchleuchtung.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung