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Verfuhrende Ähnlichkeiten

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Gerade durch den vierzigsten Jahrestag des mißglückten Hitlerattentats erhält Lion Feucht-wangers 1936 erschienener und jetzt neu als Taschenbuch herausgekommener Roman „Der falsche Nero“ eine besondere Bedeutung, obgleich er den Leser zunächst in eine ganz andere Welt zu versetzen scheint; in die des mächtigen römischen Reichs.

Nach Neros Sturz regiert Kaiser Titus das Reich ganz nach den strengen moralischen Prinzipien der stoischen Lehre, für den Senator Varro allerdings mit etwas zuviel Vernunft. Als ehemaliger Freund Neros liebt er das ausschweifende zügellose Leben im Osten des Reichs, in Antiochien.

Sein Schutzbefohlener, Terenz, der einst Kaiser Nero durch die Ähnlichkeit mit ihm entzückte, lebt nun ebenfalls im Osten. Nach wie vor in das politische Intrigenspiel verwickelt, heckt Varro eines Tages, als ihm Terenz wieder begegnet, einen abenteuerlichen Plan aus, er läßt den großen Kaiser Nero in Gestalt des Terenz wieder aufleben.

Ironisch, satirisch und gleichzeitig bedrückend ernsthaft beschreibt Feuchtwanger Aufstieg und Fall dieses Terenz-Nero. Nicht nur der Leser im Ausland 1936 erkannte hinter Terenz-Nero die Gestalt Hitlers, hinter Trebor, dessen Hauptmann, Göring, und hinter Knops, des Terenz ehemaligen Diener, Göbbels — auch heute werden einem die Ähnlichkeiten bewußt.

Ihre Selbstherrlichkeit, ihre niederen Instinkte treiben diese drei Figuren des Romans in einen Rausch der Brutalität.

Ein suggestiver, immer noch lesenswerter Roman.

DER FALSCHE NERO. Von Lion Feuchtwanger. Fischer Taschenbuch, Frankfurt a. M. 1984. TB.. öS 99.80.

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