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Verschollene

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Das schöne alte Wort „verschollen" *hieß ursprünglich „verschallen", und vier Echos von Verschollenen hat der sich zum literarischen Geheimtip entwickelnde Allgäuer W. G. Sebald jetzt aufgezeichnet, ja minutiös dokumentiert. Den verschollenen Lebensfragmenten der „Ausgewanderten" aus dem deutschen Kulturraum, die-teils aus wirtschaftlichen, teils aus politischen Gründen - ins Exil mußten, hat der Autor sein höchst sensibles schreiberisches Vermögen unterlegt. So wurden die seltsamen, auch mit fotographischen Zeugnissen begleiteten Lebenschroniken zu einem Roman in nuce, dessen literarischer Rang sich gleich auf den ersten Seiten zeigt.

Sebald schreibt mit diesen authentischen Lebensbildern gegen das umgreifende Vergessen an, und er besitzt wohl auch einen besonderen Sinn für die eigenartigen Schicksale der Auswanderer, deren im Innersten verborgenes Heimweh immer wieder durchzuschlagen scheint. Seine detektivischen Recherchen entfalten die Existenzen gleichsam neu, machen sie für die Nachgeborenen zu aufregenden Fundstücken, die ebenso ein melancholisches Gedenken einfordern. Aber zuletzt weiß man es doch wieder: „Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis."

DIE AUSGEWANDERTEN. Von W. G. Sebald. Eichborn Verlag, Frankfurt/Main 1992. 356 Seiten, öS 343,20.

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