7226037-1993_46_04.jpg
Digital In Arbeit

Vertrauen in den Vatikan

Werbung
Werbung
Werbung

Die Skandale in Italien reißen nicht ab. Ranken waschen Geld, zu diesen Banken soll auch die Vatikanbank IOB gehören. Schmiergelder werden bezahlt, um Politiker „günstig" zu stimmen. Zu diesen Politikern soll nun auch der italienische Präsident Oscar Luigi Scalfaro gehören.

Er ließ, nachdem er beschuldigt worden war, Gelder angenommen zu haben, abends um 23 Uhr die Fernsehprogramme stoppen, um vor dem Volk Rechenschaft abzulegen. Zu Scalfaro hatten und haben die Menschen noch Vertrauen. Sie sehen in ihm einen Mann, der Ordnung im Staate schaffen will. Sie vertrauen auch Ministerpräsident Ciampi, einem Parteilosen, der gewillt ist, mit dem italienischen Parteifilz aufzuräumen.

Das Mißtrauen ist dennoch groß. Präsident Scalfaro schaffte es nicht, seine Landsleute zu überzeugen, daß die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen falsch seien. Erregt diskutierten die Menschen am Tage nach der Fernsehbotschaft auf den Straßen, in den Bars oder Geschäften. Es gab bei allen Dis-. kussionen nur ein Fazit: wir wollen Ordnung und endlich Vertrauen in die Politiker und Institutionen.

Bei der Kritik an den Institutionen ging es immer wieder um den Vatikan und Kardinal Angelini (FUBCHE 43/1993): „Seht wie sie sind. Sie mauscheln, wie alle anderen auch. Vom Vatikan braucht ihr nichts zu erhoffen." Und in einer solchen Situation war es sicherlich wenig hilfreich, daß die vatikanische Tageszeitung L' Osservatore Romano die Rede Scalfaros im Wortlaut abdruckte oder Radio Vatikan einen Appell an die Italiener richtete, mitzuhelfen, daß Ordnung in den Staat einkehren könne.

Nicht zu unterschätzen ist der Chef der Lega Nord, Umberto Bos-si. Er gilt für viele als Mann, der das Blatt wenden könnte. Und Bos-si stellt ultimative Forderungen an die Begierung in Rom. Noch diskutieren die Menschen im Vertrauen auf Ciampi ruhig, wenn auch wortreich auf den Straßen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung