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Der Klappentext für „Die Verteidigung der Kindheit" von Martin Walser beginnt: „Ein Liebesroman also." Glatte Falschmeldung. Zwar spielt die Beziehung des angehenden und später praktizierenden Juristen Alfred Dom zur Mutter (Ehe geschieden) eine wichtige Rolle, artistisch gewichtiger ist es aber, wie die Entwicklung im geteilten Deutschland ins Gespräch kommt.

Denn Alfred (aus dem Ostsektor) studiert und agiert hauptsächlich im Westteil der Stadt und später des Landes, man sah keineiyGrund, „die Sprache der anderen Seite für eine Sprache zu halten." Man war „mitten in einem Religionskrieg" um die utopische Frage: „Soll das Paradies nach dem Tod oder vor dem Tod beginnen!" Stilistischer Lichtpunkt. Halbdunkel bleibt endloses Gerede in Schulen, Hochschulen und in der Volkshochschule des Lebens, zeitraubend und ein halbes Tausend Seiten füllend, brillierend mit treffenden Alltäglichkeiten, die der Zeitungsleser längst aus seinem Blatt kennt, bloß weniger pointiert. Es endet mit dem Ende der Hauptfigur, über die viel gesagt wurde; ungesagt blieb, was sie uns als Zeitgenosse eigentlich sagen sollte.

DIE VERTEIDIGUNG DER KINDHEIT. Von Martin Walser. Suhrkamp Verlag, Frankfurt/ Main 1991.520 Seiten, öS 343,20.

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