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Volk und Heer

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Robert Lichal wirkte bei der jüngsten Fernseh-„Presse­stunde" glaubwürdig und be­schlagen. Die Kritik an gewis­sen Zuständen im Bundesheer und im besonderen im Mini­sterium ist aber sicher berech­tigt. Wie soll, wie kann es weitergehen?

Drei Dinge hat der Minister einleuchtend darzustellen ver­mocht: daß seine Entscheidung zugunsten der Oerlikon-Mu-nition jedenfalls zu dem Zeit­punkt, da er sie traf, wohl be­gründet war; daß die Brechung des (unter seinen Vorgängern entstandenen) Oerlikon-Mo-nopols erstrebenswert, der um­strittene Beschaffungsakt aber ein nicht geeigneter Anlaßfall war; schließlich auch, daß er seit Amtsantritt, und nicht erst heute, zielstrebig an Re­formen arbeitet.

Sollten sich diese überzeu­gend vorgebrachten Angaben bei Gericht widerlegen lassen, läge ein unheilbarer Vertrau­ensbruch vor und Lichal müß­te auf der Stelle Hut und Helm nehmen. Wird aber die Rich­tigkeit seiner Darstellung auch vom Gericht akzeptiert, hat der Minister in der Tat An­spruch auf Ehrenrettung und öffentliche Rehabilitierung.

Einer dringenden Ehrenret­tung aber bedarf auch das Bundesheer, das jetzt 3 5 Jahre lang rhetorisch notdürftig be­jaht, de facto aber immer wie­der in Frage gestellt und pau­schal entwertet wird. Daran muß auch die Moral der Füh­rung Schaden nehmen.

Und da hat Lichal gleich­falls recht, wenn er argumen­tiert: Zur Motivation der Hee­resangehörigen müssen auch andere als nur die Heeresfüh­rung beisteuern.

Daß viele junge Menschen wenig motiviert sind, im Bun­desheer zu dienen, ist für jedes Milizheer ein Alarmsignal. Daß die Motivierung nach Ab­dienen der Präsenzzeit noch geringer als vorher ist, geht freilich auf Heereskonto und müßte dort endlich so ernstge­nommen werden, wie man es schon von mindestens drei Ver­teidigungsministern gehört hat, ohne daß sich etwas ent­scheidend geändert hätte.

Ob dazu Robert Lichal selbst im Fall einer gerichtlichen Rehabilitierung noch genug Autorität haben wird, muß er und muß die ÖVP mit Blick auf Staat und Wähler und nicht nur auf den Ausgangsstempel der Justiz entscheiden. So ist das nun einmal in einer Demo­kratie.

Über den Sinn der Landes­verteidigung aber muß eine Regierung das Volk umfassend und überzeugend aufklären. Das hat, nimmt man's genau, seit 35 Jahren keine wirklich gut genug getan. Dafür müs­sen ein zeitgemäßes Verteidi­gungskonzept entworfen und die Alternativen klargemacht werden. Erst dann kann und soll das Volk das letzte Sagen haben.

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