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Volkstheater zeitgemäß

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Grundgedanke der Innsbrucker Sommerspiele 1989 ist es, gewachsene Volkstheaterkultur vom Land in die Stadt zu transferieren. Die Spiele befinden sich noch deutlich in der Phase des Experimentierens, wobei offensichtlich niemandem ganz klar ist, ob nun Tourismuswerbung oder Kultur betrieben werden soll. Nach einer klamaukhaften, völlig desorganisierten Eröffnung folgte dann ant Abend der sehr aufwendige, verkitschte, rührselige „Postillion vom Zillertal“, in dem kaum ein gängiges Operettenklischee fehlte.

Nach dieser Variante des Tiroler Abends folgte dann die Uraufführung von „Entweder - oder“ des jungen Südtirolers Luis Zagler. Und hier zeigten sich - wie übrigens seit Jahren in Telfs - die Möglichkeiten und die Aufgabe, die zeitgemäßes Volkstheater heute hat. Die innere Auseinandersetzung eines alten Bauern mit Natur- und Umweltschutz, mit der Verantwortung den Nachgeborenen gegenüber, trifft bei seinen profitorientierten Kindern und Helfern auf wenig Verständnis.

Angst vor dem Anderssein, vor dem Ausgeschlossenwerden aus der

Gemeinschaß, steht zur Diskussion. Eine aktuelle Thematik, die kantig ambivalent und ohne Lösungsver- such au/bereitet wird, wurde hervorragend gespielt von den Brixen- taler Volksschauspielem.

Karl Schönherrs „Sonnwendtag“ wirkt auch heute zwiespältig und vieldeutig, ist politisch als pro-nationalsozialistisch interpretierbar. Und nachdenklich stimmte die hörbare Parteinahme des Publikums für die jungen, umstürzlerischen Rabauken. Das einzigartige kulturelle Erbe des echten gewachsenen Volkstheaters in unserem Land wäre zu pflegen und zu fördern - und sollte sich unter keinen Umständen des Tourismus wegen prostituieren.

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