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Vom Untergang des Bürgertums

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Hans Weigel hat Otto Stoessl, (1875-1936), der zum Kreis des „Jungen Wien“ um die Jahrhundertwende gehörte, den „verschollensten unter den Großen der Literatur unseres Jahrhunderts“ genannt.

Weigel ist auch der Neudruck von Stoessls Roman „Das Haus Erath“, (erstmalig 1920 erschienen), in der Reihe „Wiedergefunden“ zu verdanken: Die breit ausgesponnene Geschichte der großbürgerlichen Seidenweberfamilie Erath innerhalb von drei Generationen, vom Ende der 70er Jahre des 19. Jahrhunderts bis zum letzten Jahr des Ersten Weltkrieges.

Die sogenannte „gute, alte Zeit“ wird von Stoessl sehr kritisch unter die Lupe genommen. Gesellschaftlicher Aufstieg ist verbunden mit familiärer Isolierung, die, in diesem Fall durch egoistische Machenschaften der ältesten Tochter des Hauses, in Feindschaft zwischen den Geschwistern ausartet.

Nur der jungen Nichte Thea gelingt es, zusammen mit ihrem Mann Ludwig Mainone, Spröß- ling jener'Familie, in der Stoessl in früheren Werken eigene Erfahrungen geschildert hat, ein neues bescheidenes Leben zu beginnen.

Die Eraths/sind in diesem Roman Stellvertreter des allgemeinen bürgerlichen Niedergangs und auch der alten österreichisch-ungarischen Monarchie. Es gibt auch anders gelagerte Parallelen zu unserer Zeit.

Trotzdem habe ich mich bei der Lektüre manchmal gefragt, ob das Buch uns heute Wesentliches für die eigene Existenz zu sagen hat. Stoessls literarische Bedeutung steht, außer Frage; doch unsere Welt steht vor neuen, die Menschheit bedrohenden Problemen. DAS HAUS ERATH. Von Otto Stoessl. Styria-Verlag, Graz-Wien-Köln 1983. 450 Seiten, geb., öS 298,-.

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