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Von Gedanken zu Taten

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Wenn wir im Schuldbekenntnis der Messe beten, daß wir „in Gedanken, Worten und Werken” sündigen, so bekommen wir dieser Tage drastisch vor Augen geführt, daß dem so ist und daß wir daher den Anfängen wehren müssen, wenn wir die schrecklichen Konsequenzen vermeiden wollen. Der Rriefbombenterror, der Österreich aufscheuchte, ist nämlich ein zwar zugespitztes Endprodukt und Phänomen, aber keineswegs ein isoliertes und zufälliges.

Die bösen und mißgünstigen Gedanken und Gefühle in bezug auf Fremde, die sich in unfreundlichen Blicken und gehässigen oder auch bloß gedankenlosen Bemerkungen äußern, bilden den Nähr- und Resonanzboden terroristischer Akte und sind ohne ein Umfeld von Sympathisanten nicht denkbar, die sich vielleicht zwar entsetzt von der in den Anschlägen manifestierten Inhumanität abwenden, die aber manches, was diesen Akten vorgelagert ist, gutheißen und so den Tätern unbewußt den Weg ebnen.

Deshalb ist es auch richtig, daß man Äußerungen, wie die eines Kärntner Kammerfunktionärs, der sich gar nicht auf Ausländer bezog, aber das Vokabular des Nationalsozialismus verwendete, um Aggressionen loszuwerden, nicht mehr als Ausrutscher durchgehen und es nicht bei der verbalen Entschuldigung bewenden läßt, sondern Konsequenzen zieht. Dies gereicht dem Funktionär, der seine Entgleisung eingesehen und sein Amt zur Verfügung gestellt hat ebenso zur Ehre wie der Kärntner ÖVP, der er angehört. Vor Jahren mußte ein sozialdemokratischer Gemeinderat in Wien sein Mandat niederlegen, weil er jemanden „Saujud' beschimpfte.

Die Parteien, hoffentlich auch die FPÖ, ringen sich also zu einer Sprachkultur durch, die beleidigende und diskriminierende Ausdrücke aus dem Sprachgebrauch verbannt und es nicht mehr gesellschaftsfähig erscheinen läßt, aus seinem Herzen keine Mördergrube zu machen, sondern die Worte, die als Mittler zwischen bösen Gedanken und Taten stehen, ahndet.

Die Geschichte des Aufstiegs des Nationalsozialismus lehrt jedenfalls, daß alles, was nach Wiederholung und Wiederkehr dieser unseligen Entwicklung von der Duldung zur Machtergreifung aussieht, im Keim erstickt und von der Wurzel her bekämpft werden muß.

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