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Von Stoffen besessen

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Nur weniges übt auf sensible Seelen und Schöngeister größere Faszination aus als das Leben eines Psychiaters und Künstlers, der, als sein Augenlicht zu erlöschen drohte, Selbstmord beging. Gaetan Gatian de Clerambaut, der solcherart die Gemüter bis heute zu erregen versteht, wurde 1872 in Bourges geboren und leitete nach entsprechenden Studien in späteren Jahren das Spezial-asyl der Polizeipräfektur in Paris.

Dort widmete er unter den mannigfachen Obsessionen der „Erotischen Stoffleidenschaft bei der Frau" eingehende Analysen. Selbst war Clerambaut von Stoffdraperien fasziniert. Er fertigte Tausende Fotografien meist weiblicher verschleierter Gestalten anläßlich seines Rekonvaleszentenaufenthaltes in Marokko in den Jahren 1915-1918 an.

Die Galerie Faber in Wien zeigt eine Auswahl dieser wunderschönen Studien, die zugleich lyrische wie skulpturale Qualitäten aufweisen. In vorbildlicher Weise wurde die Ausstellung durch ein philosophisches Kolloquium auf hohem Niveau eingeleitet.

Clerambaut hatte auch einige Jahre hindurch einen Lehrauftrag für Draperie an der Ecole des Beaux-Arts in Paris.

Das Faktum, daß er in Wien von 1903 bis 1905 Leibarzt einer namentlich nicht bekannten Gräfin war, müßte das Interesse der Ausstellungsbesucher noch steigern. Vor einem Spiegel, umgeben von Seiden, Pelzen, Schleiern und seiner Fotoausrüstung, setzte Gaetan Gatian de Clerambaut am 17. November 1934 seinem Leben ein Ende. (Bis 8. Mai)

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