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Vorwärts in die Antike

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Hunderte Zuhörer drängten sich zwei Tage lang in der Aula der Grazer Universität. Es ging um das eher spröde Thema „Bau ist Kunst - ist Bau Kunst?“. Organisiert vom „steirischen herbst“ und dem Architekten Gustav Peichl, gaben sich hier nationale und internationale Größen ein Stelldichein.

Man hat sich bemüht, Referenten zu finden, die in ihren Arbeiten möglichst unähnlich sind, und in der Tat hätte man auch kaum schärfere Kontraste finden können, etwa zwischen einem Mario Botta und einem Michael Graves.

Ironischerweise betonte gerade Mario Botta, dessen symmetrische, klare Bauteh großartig arti-fiziell wirken, am heftigsten, daß er ein Handwerk und keine Kunst betreibe.

Der Rest der Referenten beantwortete die gestellte Frage entweder gar nicht oder mit einem zögernden Ja. Hans Hollein und Gu-

stav Peichl waren sich insofern einig, als sie beide die Architektenzeichnung nicht als Kunst für sich ansehen mochten. Beide betonten die Bedeutung der Zeichnung für den Bauherrn, der sich anhand dieser Skizzen ein Bild von. dem realen Bau machen können muß.

Ebenfalls auf den Entwurf bezog sich Günther Domenig. Er demonstrierte anhand der 15 Jahre währenden Planung seines eigenen Hauses, wie sich die Formen der Umgebung im Architekten auf subjektive Weise verwandeln und als neue Struktur in den Entwurf einfließen. Der Jugoslawe Ante Josip von Koselac bezog sich — wie auch Botta — auf die Tradition des europäischen Bauens und betonte die Wichtigkeit der Klassik, ohne jedoch in seinen noblen Bauten auch nur von ferne den Gedanken eines Plagiats aufkommen zu lassen.

Der Gegenpol sorgte für einige Aufregung und Ablehnung.

Michael Graves, der Postmoderne aus den USA, verschreckte die Europäer mit einer hemmungslosen Ausbeutung aller traditionellen Bauformen. Riesenhotels und Weinkellereien in Form antiker Funeralarchitektur lassen hoffen, daß derlei schon wegen der geringeren ökonomischen und ökologischen Ressourcen nie nach Europa kommt.

So war deutlich zu sehen, daß die „Grazer Schule“ etwa mit einem Günther Domenig und einer Karla Kowalski zwar deutlich von den Wienern zu unterscheiden ist, aber die Österreicher, ja die Europäer insgesamt, Welten vom postmodernen Amerika trennen. Selbst dann, wenn eine so ausschweifende Phantasie wie jene Peter Cooks am Werke ist.

Anfang November soll ein Katalog mit Texten und jenen Bildern, die im Grazer ORF-Zentrum ausgestellt sind, herauskommen.

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