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Was Freud beeinflußte

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Die gebürtige Wienerin, seit 1939 im Exil lebende Wissenschaftlerin, Professorin und Vorsitzende der Soziologischen Fakultät der Rut- gers University, Newark/USA, Edith Kurzweil wurde von der Wiener Freud-Gesellschaft zu ei- nem zweimonatigen Aufenthalt nach Wien eingeladen, um an ei- nem Buch über die Psychoanalyse zu arbeiten. Nun liegt die englische Ausgabe vor, eine deutsche Fas- sung - in der Übersetzung von Max Looser - erscheint 1991 im Verlag Internationale Psychoanalyse München.

Das Buch unternimmt den Ver- such, in einem breiten Spektrum einer vielschichtigen Analyse den Zusammenhang von Sigmund Freuds Ideen mit aktuellen gesell- schaftlichen Bedürfnissen und mit der Rezeption dieser Ideen zu un- tersuchen.

„Die Psychoanalyse in deutsch-, französisch- und englischsprachi- gen Ländern gebraucht nicht nur die jeweiligen Sprachen", so Edith die jeweilige Kultur geprägt."

Kurzweil, „sondern ist auch durch Theorie und Praxis der Psychoana- lyse wie auch besonders deren in- terdisziplinäre Erforschung unter- lägen starken lokalen Einflüssen.

Überall berühre die Psychoana- lyse mittlerweile fast alle Bereiche der Kultur, stellt die Autorin fest. Durch neue humanwissenschaftli-

che Forschungsergebnisse mögli- che erweiterte Perspektiven er- brächten den Nachweis der ge- genseitigen Beeinflussung. Die je unterschiedlichen Traditionen, Interessen, Institutionen, auch der religiöse Glaube und ein spezifi- sches Vor-Verständnis für das Un- bewußte, spielten hier eine wichti- ge Rolle.

Das Buch untersucht die Unter- schiede in der Anwendung der Psychoanalyse, etwa die „Erweite- rung des Gegenstandsbereiches" der deutschen Psychoanalyse oder

die „Rekonstruktion der Vergan- genheit". Offene theoretische Pro- bleme soziologischer und psycho- logischer Natur werden ergründet. „Wie in der Vergangenheit", so schreibt Kurzweil, „so erhebt die Psychoanalyse auch heute den Anspruch, Individuen von übermä- ßigen Einschränkungen der Gesell- schaft zu befreien, auch wenn die Bedingungen dafür komplexer und schwieriger geworden sind."

Edith Kurzweil geht dem Freud- schen Wahrheitsgehalt der Psy- choanalyse nach, den „Aufschlüs- sen die sie uns gibt über das, was dem Menschen am nächsten geht, sein eigenes Wesen, und wegen der Zusammenhänge die sie zwischen den verschiedensten seiner Betäti- gungen aufdeckt." Die Autorin versteht ihr Buch als Beitrag zur Veränderung geltender Maßstäbe in der Psychoanalyse und zur Neu- akzentuierung der Diskussion um die Psychoanalyse.

THE FREUDIANS - A COMPARATIVE PERSPECTIVE. Von Edith Kurzweil. Yale Uni- versity Press, New Häven and London.

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