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Weberns Tod

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In Mittersill treffen die beiden Schicksalslinien aufeinander, die des Täters und die des Opfers: der US-Soldat Bell erschießt ein halbes Jahr nach Kriegsende grundlos den Komponisten Anton von Webern. Die absurde Obszönität dieses Todes ist Gegenstand des Stückes, das der DDR-Autor Georg Seidel kurz vor seinem frühen Tod 1990 fertiggestellt hatte. Vorgänge und Umstände rund um das tragische Ereignis erscheinen kompiliert zu dichterischen, expressiven Kürzeln, zu semidokumentarischen Abreviaturen ineinanderfließender Szenen. Keine Psychologie - nur tragischer Befund: Einsamkeit von Menschen im Un-Sinn aus den Fugen geratener Zeitläufte.

Realistische Diktion verdichtet sich zu prägnanter Poesie und zu fast surrealen Bildern. Der Titel „Friedensfeier" in Assoziation zu Hölderlin ist ein ironischer Euphemismus, stille Trauer ist viel mehr am Platz. Seidel hatte das Stück dem Grazer Schauspielhaus zur Uraufführung überlassen: Marc Günthers Regie (Bühne: Gisbert Jäkel) setzt den Text gut ins Bild und spitzt ihn zu erstaunlich facettenreicher Dramatik zu. Die etwas bläßliche Figur Webems gewinnt durch die Darstellung Otto Davids protagonistisches Profil.

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