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Weder Volks-noch Kunststück

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Das Schauspiel „Soliman" von Ludwig Fels wurde vom Wiener Volkstheater bei den Bregenzer Festspielen uraufgeführt. Weder Inhalt noch Inszenierung eröffnen eine neue Dimension eines alten, immer aktuellen Themas. Angelo Soliman, der Mohr von Wien, hat tatsächlich gelebt. Als beratender Diener zweier Liechtenstein-Fürsten und gleichermaßen gebildeter wie humanitärer „Schutzgeist der Unglücklichen und Bedrängten" genoß er am (nach)josephinischen Wiener Hof auch die Gunst zweier Kaiser. Dennoch wurde der Afrikaner posthum zum Opfereines Exotismus, der auf makabre Weise über Toleranzpatent und Aufklärung triumphierte: 1796 wurde sein Leichnam im Auftrag Kaisers Franz II. ausgestopft und im k.k. Hof-Naturalienkabinett aufgestellt.

Der 45jährige deutsche Schriftsteller Ludwig Fels hat, angelehnt an diesen Stoff, seinen „Soliman" zur Passionsfigur von allgemeinem und österreichischem Fremdenhaß und Intrigantentum, von Egoismus, Gefühllosigkeit und rassischem Sexismus gemacht. Das hier von Hilflosigkeit, Anpassungsversuchen und Minderwertigkeitsgefühlen bestimmte Leben des edel gesinnten Schwarzen endet daher gewaltsam und komplottverdächtig. Unter die Haut zu gehen vermag die Umsetzung dieser Themen aber nur selten: Ein Zuviel an Klischees und an Fatalismus, an undifferenziert überzeichneten Charakteren und Metaphern läßt die wenigen wort- und handlungsstarken Passagen im allgemeinen Gefühl des Unmutes untergehen.

Das insgesamt naturalistische Spiel vom Guten und von den Bösen wird durch rasch wechselnde, spiegelfo-lienreiche Bühnenbildeffekte auf eine oft wohltuende surreale Ebene projiziert, ohne daß dadurch aber eine glaubhafte inhaltliche Bereicherung stattfindet oder das Ganze zur echten Groteske verzerrt wird. So hat das Stück mitsamt seiner Inszenierung (Regie Piet Drescher, Bühnenbild Peter Laher) kaum Fleisch und Blut, ist weder Volks- noch Kunststück. Darüber können auch die durchwegs guten schauspielerischen Leistungen (Johannes Teme als Soliman, Peter Uray als Graf, Matthias Günther als Hofmaler, Robert Hauer-Riedl als Leo...) nicht hinwegtäuschen.

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