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Welche Haie sind gemeint?

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Man könnte sagen: Die Haie sind mitten unter uns. Ist das Titelvieh in dem Stück „Der Hai“ des Franzosen Victor Haim — Aufführung im Kleinen Theater im Konzerthaus — ein richtiges grausames Meerestier? Oder ein Mensch? Ludwig haßt die Haie, denn er wurde als Oberaufseherstellvertreter eines Aquariums entlassen, als da so ein unersättliches Ungetüm die anderen Fische fraß. Ludwig zieht aus, „den“ Hai zu töten.

Das ist ein Märchen, in dem das Unmögliche wie selbstverständlich möglich wird. Ludwig liegt mit Marianne im Bett, ein erfolgloser

Gerichtsvollzieher-Stellvertreter kommt dazu, schließt sich dem Vorhaben an. Sie haben kein Boot. Das Bett wird zum Boot, treibt in den Meeresfluten. Ist der Hai ein Mensch? Er erscheint als ein genüß-licher, reichlich dicker Herr mit Zigarre im Mund, frißt die beiden Mannsbilder, aber Mariannes Söhn-

chen — Jahre sind vergangen — tötet ihn.

Abstruses, Surreales mischt sich mit liebenswürdig Phantasievollem, Kindliches wird im Erwachsenen aufgerufen, Sex bleibt hinter Lein-und Segeltuch als komischer Akzent, das Grausame erhält Aspekte des Drolligen. Der Hai nimmt Menschengestalt an, aber es ist jedem überlassen, welche Haie unter den Menschen gemeint sind, das Menschenfresserische verharmlost der Autor. Die Szenen plätschern dahin, verplätschern sich.

Unter der Regie von Georg Remoundos wird das Mehrschichtige dieses Spiels durch Harald Harth und Marianne Chappuis als das Paar, Ludwig Hirsch als der Dritte, Jochen Brockmann als der Hai durchaus wirksam. Und das Meer? Der Bühnenbildner Gerhard Janda ordnet ein Gedränge blauer Ballons an. Gloria Berg entwarf die Kostüme.

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