6867426-1978_09_06.jpg
Digital In Arbeit

Weltweiter Friede gefährdet?

Werbung
Werbung
Werbung

Wir haben Äthiopien wissen lassen, daß wir es als ernstlichen Bruch des Friedens ansehen - der sogar den weltweiten Frieden gefährden könnte -, wenn äthiopische Truppen bei ihrem Gegenangriff die somalische Grenze überschreiten würden“, meinte Präsident Carter unlängst vor Presseleuten. Die Warnung galt selbstverständlich nicht nur dem marxistischen Regime inÄthiopien: Sie war auch an die Sowjetunion, Kuba und die DDR gerichtet, jene kommunistischen Staaten also, die Addis Abeba massiv mit Menschen und Material unterstützen.

Präsident Carter wurde von verschiedenen Seiten der Vorwurf gemacht, daß er den somalischen Staatschef Siad Barre zuerst zum Hinauswurf der Sowjets ermutigt habe, jetzt - da Barre in arger Bedrängnis sei - aber keinen Finger für ihn rühre. Das stimmt nicht ganz. Das amerikanische Nachrichtenmagazin ,Jiewsweek“ meint dazu: „Die Vereinigten Staaten versuchten im letzten Jahr für kurze Zeit den Bruch zwischen Somalia und Moskau auszunützen, als sie Präsident Barre amerikanische Waffen anboten. Dieses Angebot wurde jedoch zurückgezogen, als Somalia im Ogaden einfiel, eine äthiopische Region, die vorwiegend von somalischen Stämmen bewohnt wird. Viele, hohe US-Beamte, unter ihnen auch UN-Botschafter Andrew Young und Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski, glauben, daß die Vereinigten Staaten auch weiterhin nicht in den Konflikt eingreifen sollten. Sie führen an, daß Somaliader Aggressor im Ogaden sei ...“

Außenminister Vance erklärte vor Presseleuten, wie sich die USA die Beilegung des Konfliktes vorstellen: „Wir glauben, daß es am Horn von Afrika zu einer Feuereinstellung kommen muß: Wir glauben, daß sich die somalischen Truppen aus Ogaden zurückziehen sollten; wir glauben auf der anderen Seite, daß sich die sowjetischen und kubanischen Streitkräfte aus Äthiopien zurückziehen sollten; wir halten es für wesentlich, daß alle Parteien die international festgelegten Grenzen auch anerkennen und respektieren ... Wir werden unseren derzeitigen Kurs der Zurückhaltung und Unterstützung keiner der beiden Seiten weiterhin fortsetzen. Wenn jedoch Grenzen überschritten werden, würde das eine neue und unterschiedliche Situation ergeben und wir würden uns die Angelegenheit von diesem Zeitpunkt an durch den Kopf gehen lassen.“

Aus den Erklärungen von Vance und auch Präsident Carter ließ sich herauslesen, daß die USA ihre bisherige Afrikapolitik neu überdenken und eventuell eine Kursänderung vornehmen. Sie wurden durch die sowjetische und kubanische Einmischung in den Konflikt dazu ja fast gezwungen, wie verschiedene, politische Beobachter in Washington kommentierten. Die Warnungen an Äthiopien und Moskau waren nicht zu überhören und ließen deutlich erkennen, daß der UdSSR das Feld in Afrika von Washington nicht ohne weiteres überlassen wird. Wie sonst läßt es sich erklären, daß Carter den Kreml darauf aufmerksam gemacht hat, durch die Afrikapolitik der Sowjets könnten die SALT-Verhandlungen und andere Diskussionen in Mitleidenschaft gezogen werden.

Dennoch: Die Verlegenheit der Amerikaner in diesem Konflikt ist nicht übersehbar. Den politischen Kommentatoren in Washington ist das besonders aufgefallen. Im Nachrichtenmagazin „Time“ analysiert ein Beobachter: „Die Carter-Administration betrachtet das Kriegsgeschehen im Ogaden mit gemischten Sorgen. Auf der einen Seite ist sie durch die sowjetischen Absichten beunruhigt; anderseits fürchtet sie, daß die USA selbst zu tief in den Konflikt verwickelt werden. Das letztere wiegt weit mehr als das erstere... Carter und Brzezinski mögen im Moment nervös sein, da sie von außerhalb zuschauen müssen, wie die Äthiopier die Somalis im Ogaden vernichten. Im weiteren Sinn wird sich aber möglicherweise herausstellen, daß dies für die USA die beste strategische Position ist, um später einzuschreiten.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung