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Wer war Trüber?

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Gemeinsame publizistische Vorhaben ÖsterreichsundSlo- weniens sind trotz verbesserter gutnachbarlicher Beziehungen im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft Alpen-Adria auch heute, noch eher die Ausnahme als die Regel. Eine solche rühmliche Ausnahme aber bildet jedenfalls das kürzlich erschienene umfangreiche Werk „Primus Trüber - Deutsche Vorreden zum slowenischen und kroatischen Reformationswerk“. Als Herausgeber fungieren das Institut für protestantische Kirchengeschichte, Wien, und die Slowenische Akademie der Wissenschaften und Künste, Laibach. Verlegt wurde das 640 Seiten starke Werk vom Evangelischen Presseverband.

Es ist das große Verdienst des vor kurzem fünfundsiebzig Jahre alt gewordenen evangelischen Bischof s Oskar Sakrausky, dieses bestechende Dokument deutsch-slowenischer Kulturbeziehungen zur Zeit des protestantischen 16. Jahrhunderts in mühevoller Arbeit vorbereitet und ediert zu haben.

Oskar Sakrausky, der heute in Fresach im Drautal, oberhalb von Villach, den Interessierten stolz sein protestantisches Museum im Bethaus zeigen kann, hat in mühevoller Kleinarbeit Texte deutscher und slowenischer Zunge gesammelt und so eine einzigartige Dokumentation des Geisteslebens im ausgehenden 16. Jahrhundert geschaffen.

Wer war nun Primus Trüber - slowenisch: Trubar —, dessen deutsche Vorreden zu seinen slowenisch verfaßten geistlichen Werken hier wiedergegeben werden? In Unter- krain zu Hause, hat Trüber früh erkannt, daß er seinem Volk Bücher in die Hand geben muß, um es aus der geschichts- und wortlosen Nacht herauszuführen. So werden in den deutschen Städten Urach und Tübingen, wohin sich Trüber zurückziehen muß, um sich vor Verfolgungen im slowenischen Krain zu retten, zwischen 1550 (in diesem Jahr erscheinen die beiden erstenBücher aus Trubers Feder — ein Katechismus und ein Abezedarium) und 1595 Bücher in einer Auflage von etwa 30.000 Stück in kroatischer und slowenischer Sprache gedruckt und kommen auf abenteuerlichen Wegen in die slowenischen Lande, insbesondere nach Krain, Kärnten und in die Steiermark.

Neben Primus Trüber, von dem die meisten Texte in dieser Anthologie stammen, kommen auch noch dessen Sohn Felician Trüber, der durch seine gesamte Bibelübersetzung (1584) berühmt gewordene Jurij Dalmatin und andere zu Wort. Außerdem ist das Werk mit vielen Faksimiledrücken von Titelblättern und anderen interessanten Dokumenten ausgestattet. Auch der leider schon verstorbene slowenische Literarhistoriker Mirko Rüpel, der sich vor allem dem slowenischen Protestantismus widmete, vermochte es nicht, ein derart vollständiges und mit ernenn kritischen Apparat avisgestattetes Werk, wie es sich bei dem vorhegenden handelt, herauszugeben.

Dem 1914 in Linz geborenen und 1949 nach Kärnten gekommenen protestantischen Pastor und späteren Bischof Oskar Sakrausky blieb es Vorbehalten, eine so bedeutende

Edition, die Kraftlinien zwischen zwei Nachbarvölkern aufzeigt, herauszubringen. Sakrauskys Seelsorgetätigkeit in Bleiberg und Agorit- schach bei Amoldstein, wo sich bis in die neueste Zeit slowenisch-protestantische Bevölkerungsreste erhalten haben, schärfte im Autor früh den Sinn und das wache Gefühl für die protestantische Literatur des anderssprachigen Nachbarn. Die Forschungsergebnisse veröffentlichte er in der Kärntner historischen Zeitschrift „Carinthia“ und machte sie auch in der großen Tru- ber-Ausstellung im Jahre 1986 in Fresach sichtbar.

Sakrauskys Anthologie ist so gesehen nicht nur ein bedeutendes kirchen- und literaturgeschichtliches Werk, sondern hat auch einen besonderen kulturpolitischen Stellenwert in der geopolitischen Nach- barschaftslage Kärntens.

PRIMUS TRÜBER. Deutsche Vorreden zum slowenischen und kroatischen Reformationswerk. Herausgegeben von Oskar Sakrausky. Evangelischer Presseverband, Wien 1989. 640 Seiten öS 590,-.

Der Autor ist Direktor des slowenischen Gymnasiums in Klagenfurt

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