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Wie eine Wurstsemmel

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Ähnlich wie bei Arno Schmidt hat sich um H. C. Artmann zurecht eine Gemeinde gebildet, die nur unruhig das jeweils neue Oeuvre des Meisters erwarten kann. Nun ist es da, das frischgebackene Werk, an den Leser als Freund gerichtet, verfaßt in der Form des inneren Monologs mit fließender Kleinschreibung ohne Punkte und Kommas und in sich kreisförmig geschlossen: Der Text beginnt und endet mit dem Wort „Freund“. Tatsächlich ein kulinarisches Stück poetischer Prosa, in der Artmann barock ausschweifend das Bild des eige-

nen Charakters daherzaubert. Sparsam die Maskerade, ausufernd sind die Erinnerungsketten. In ungestümer Vitalität und Bildhaftigkeit breitet HC seine Welten aus, die des Reisens, der Träume, des Trunks, des Familienlebens (seine kleine Tochter Emily Griseldis als Winzigmuse): eine Art taschenspielerischer Bruchstückbiographie, in der mit großzügig weltmännischer Geste die Prosa so trickreich und phantasievoll gewebt ist, daß ihr Inhalt in der Form aufgeht und nicht nacherzählt werden kann. In fortlaufenden Assoziationen serviert Artmann so etwas wie eine

Summe seiner poetischen Existenz, eines Lebens, so der Autor schelmisch, das „unerbittlich ist wie eine Wurstsemmel“.

NACHRICHTEN AUS NORD UNDSÜDvonH.C.Artmann,Resi-denzverlag,^ Salzburg, 1978, öS 145,-.

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