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Wie frei ist Kunst?

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Aktuelle kulturpolitische Querelen wurden kürzlich in Wien unter dem Titel „Der Zeit ihre Kunst. Der Kunst ihre Freiheit. Der Freiheit ihre Grenzen?“ von Politikerprominenz (Bundesministerin Hilde Hawlicek), Betroffenen (George Tabori und anderen) und Journalisten erörtert.

Die juristischen Grundlagen sind hinlänglich bekannt: Die Abschaffung der vorausgehenden Staatskontrolle datiert vom 30. Oktober 1918. Die Novellierung des Staatsgrundgesetzes von 1982 (Artikel 17a) lautet: „Das künstlerische Schaffen, die Vermittlung von Kunst sowie deren Lehre sind frei.“ Trotz dieser Gesetzeslage treffen Politiker seit Jahren immer wieder Aussagen, die den bitteren Beigeschmack einer restriktiven Prüfung von oben haben. Die Empfehlung „schöner Bedürfnisanstalten“ für Regisseure (Michael Graff anläßlich der Tabori-Inszenierung vom „Buch mit sieben Siegeln“ in Salzburg 1987) ist dabei weniger ernst zu nehmen als der Ruf nach einem Verbot von Thomas Bernhards „Heldenplatz“.

Ein Resultat dieser Enquete: Die politische Diskussion über Kultur hängt sozusagen naturgemäß von der politischen Kultur eines Landes ab.

Die Freiheit der Kunst endet allerdings, wo sie die individuelle Freiheit angreift. Jedermann hat das Recht, über Paragraph 188 des Strafgesetzbuches (wenn ein Offizialdelikt wie in Herbert Ach-ternbuschs „Das Gespenst“ vorliegt) oder über Paragraph 115 (wenn Privatdelikte wie etwa Ehrenbeleidigungen, beispielsweise in Thomas Bernhards „Holzfällen“) die Beschlagnahme zu beantragen.

Uber Freigabe oder Einzug des Werkes entscheiden Richter oft mit skurrilen, ebenfalls im Rahmen der Enquete erwähnten Definitionen von Kunst. „Zensur“ erfolgt hierzulande also nur auf Umwegen. Dabei müssen allerdings nicht alle Maßnahmen (zum Beispiel aufgrund des Jugendschutzgesetzes) Willkürakte sein.

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