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Wiederbelebung

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Daß der Mythos nur im Wort existiert, steht zwar im Klappentext dieses Buches, ist aber durchaus nichts Neues, denn „mytheomai" heißt reden, sagen, erzählen, auch deuten. Wenn also ein Mythos kaputt geht, dann zeigt sich, daß seine ursprünglich erlebte und gedanklich, also wörtlich gestaltete Form zerredet, zerschlagen und so platt gertreten worden ist, daß sie nicht mehr ansprechen kann und deshalb auch niemanden mehr interessiert. Mit anderen Worten: Es ist das lebendige Wort durch den trägen, geistlosen, fast nur noch der Materie verhafteten, vorwiegend in Quantitäten lebenden Menschen zuschanden geworden.

Nun bemüht sich Hans Raimund, aus dem, was noch herumliegt an Fragmenten und abgedroschenem sprachlichem Stroh, etwas zu machen, was lebt und neues Leben hervorbringen kann, und darüber hinaus sich den vielen kleinen alltäglichen Dingen nähert, sie anzusehen und anzuhören, um sich aus ihrem Wesen, „von innen" heraus, zu „er-innern", mit dem Erfolg, daß diese seine Sprach- und Aussagekraft, seine Gabe zu raffen, in Kürzeln zu sprechen, kontrapunktisch auch Strophen zu setzen, ja die Einzelheiten symphonisch aufzubereiten, im Leser den Wunsch aufkommen läßt, es möge in solcher Bilderfolge ein ganzes Leben dargestellt werden, als Spiel, als Traum, als Ahnung und Märchen von dem die Welt Umfassenden schlechthin.

KAPUTTE MYTHEN. Von Hans Raimund. Wieser Verlag, Klagenfurt/Salzburg 1992.136 Seiten, öS 178,-.

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