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Wirrasch im Stechpalmenwald

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Peter Stephan Jungk, geboren 1952 in Santa Monica/Kalifornien, 1957 nach Wien übersiedelt, 1974 bis 1976 am American Film Institute in Los Angeles tätig, zur Zeit in Salzburg lebend, „ist die Gewohnheit eigen, morgens, sofort nach dem Erwachen, Erinnerungen an Traumfragmente der vergangenen Nacht aufzuzeichnen“. Auf der Grundlage dieser Notizensammlung hat er sein erstes Buch - „Stechpalmenwald“ -aufgebaut.

„Die brüchige Wirklichkeit“ Hollywoods ist der Hauptgegenstand seiner nächtlichen Visionen; in zwölf „drehbuchähnlichen“ Erzählungen versucht er, seinen Kindheits- und Jugenderlebnissen im Schatten der Filmstudios Ausdruck zu verleihen, „Bewegungen, Begegnungen durch Sprache sichtbar zu machen“. Wie man sieht, ist der Autor schon in frühen Jahren von der Hektik des modern way of life gepackt worden. Sein Stil läuft mit flinker Unrast dahin, atem-und verbumlose Substantivreihen werden an dünnen Gedankenschnüren aufgezogen, und in dem Spannungsfeld von äußerer und innerer Nervosität ereignen sich auch seltsame Wortkombinationen, wie „videomüde“, „froschaugenverzerrt“ und „wirrasch“. Nein, im Stechpalmenwald zu leben muß wahrlich kein Vergnügen sein, weder für alt noch für Jungk, und es ist durchaus begreiflich, daß er sich bisweilen aus seinen amerikanischen Impressionen in europäische Reminiszenzen flüchtet.

Hollywood, Hollabrunn, Los Angeles, Florenz, Santa Monica, Salzkammergut. Doch immer wieder zurück in die banale alltägliche Realität des Filmparadieses. Langbeinige sommersprossige Starlets, die auf ihre große Chance warten. Eine Frau im Supermarkt, die wie Jeanne Moreau aussieht und wie „eine Honiguhr“ ist (Wie ist eine Honiguhr?). Ein scheinbar stummer Rumäne, eine türkische Hausmeisterin, Koreaner, Indonesier, Japaner, Pakistan^ Afrikaner ... und natürlich Peter Stephan Jungk, dem die Gewohnheit eigen ist, alles so aufzuzeichnen, wie er es empfindet.

STECHPALMENWALD. Von Peter Stephan Jungk. Collection S. Fischer. Frankfurt/Main, 1978, öS 98,50.

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