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Wohlfeiler Wohlklang

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Die bebrillte Germanistin, bekannt für ihre Liebe zum Dialekt, lächelte nur unhörbar, als sie die neueste Verordnung vorgelegt bekam: „Sie werden's ge so weit bringen, den Adel als a ganzer weg zu verordnen.“ Diese sowohl semantisch wie inhaltlich rätselhafte Äußerung aufzudröseln, soll ein kleines Amüsement sein.

Also: Das „ge“, nicht zu verwechseln mit dem animatorischen „Geh“ (Geh, Alte, schau), scheint nur in einigen Alpenländern üblich zu sein. Es ist ein Suffix mit der Bedeutung „wohl“ oder „vermutlich. Man interpoliere: „Sie werden's wohl so weit bringen...“

Schwieriger ist die inhaltliche Aussage, die sich auf den Umstand bezog, daß neuerdings der Ehegatte, wenn ihn die Lust ankommen sollte, seinem Namen den Namen seiner Frau mit Bindestrich anhängen kann. Er heißt dann eben nicht mehr Franz Leber, sondern Franz Leber-Waldmann, was einen Geburtsadel zu annoncieren scheint. (Bekanntlich war es bisher äußerst schwierig, im Telefonbuch einen Doppelnamen bewilligt zu bekommen, weil das eben einen Verdacht auf adelige Herkunft nährte.) Wenn nun viele Ehemänner sich Doppelnamen zulegen, wird niemand mehr dahinter einen versteckten Adel vermuten. Und diejenigen, die ihn von Geburt haben, gehen in der Menge unter.

Das trifft sich nun aber mit einer zweiten ähnlichen Verordnung, die sichtlich bestimmt war, den Adel aus seiner Isoliertheit zu treiben: Es wurde vor Jahren schon amtlich festgelegt, daß ein Ehegatte anstelle seines Namens den seiner Frau annehmen kann. Hat er demnach adelig geheiratet, kann er den Adelsnamen usurpieren. Es gibt auf einmal viel mehr Adelsfamilien als vorher, womit ihr Besonderes hinfällig wird.

Fragt sich nur, ob die gelehrte Dame mit ihrer kas-sandrischen Prophezeiung recht behält.

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