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ZUCKERKAMPAGNE AUF HOCHTOUREN

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Die Tullner Zuckerfabrik im Dienste der Bauern, der Mitarbeiter und der Konsumenten. -Zuckerwirtschaft braucht keine Subventionen. - Inlandsversorgung gesichert.

Derzeit läuft in Österreich die Rüben- und Zuckerkampagne wiederum auf vollen Touren. Auf rund 50.000 ha haben rund 15.000 Rübenbaubetriebe im Frühjahr 1980 wiederum Zuckerrübe angebaut und nach einem nicht optimalen Witterungsverlauf während der Vegetationsperiode hat um den 20. Oktober die Rübenernte und die Verarbeitung der Zuckerrübe in den sechs österreichischen Zuckerfabriken begonnen.

Die Zuckerwirtschaft schätzt die gesamtösterreichische Rübenernte heuer auf etwa 2,500.000 t Zuckerrübe, und die Zuckerfabriken erwarten aufgrund der analysenmäßig festgestellten Qualität eine Zuckerproduktion in Höhe von rund 400.0001.

Die österreichische Zuckerindustrie hat in den letzten Jahren einen bemerkenswerten Strukturwandel durchgemacht. Während die drei Fabriken Enns, Hohenau und Leopoldsdorf zur SUGANA Zuckerfabriken Ges.m.b.H. fusioniert wurden, hat die sogenannte „Agrar-gruppe", die unter der Führung der Tullner Zuckerfabrik AG steht, im Jahre 1978 das 100%ige Eigentum an der Siegendorfer Zuckerfabrik AG erworben und 1979 die Dreiviertelmehrheit an der Brucker Zuckerfabrik Ges.m.b.H. übernommen. Die SUGANA Zucker Ges.m.b.H. verfügt somit über einen Marktanteil von rund 58%, während die „Agrar-gruppe" über einen Marktanteil von rund 42% verfügt.

Beide Gruppen arbeiten im Rahmen des „Rübenbeschaffungs- und Zuckerverkaufsübereinkommens der österreichischen Zuckerindustrie" - kurz genannt Zuckerkartell -eng zusammen. Das Zuckerkartell stellt die österreichische Zucker-rriarktord n ung dar und hat vor allem Rationalisierungsmaßnahmen zum Ziel.

Der Zuckerpreis wird jedenfalls nicht im Kartell festgelegt, sondern unterliegt der amtlichen Preisbehörde. Die oberste Zielsetzung des Zuckerkartells ist die Gewährleistung, daß die österreichischen

Konsumenten jederzeit ausreichend mit dem Grundnahrungsmittel Zucker versorgt werden.

Ein privatrechtlicher Vertrag zwischen den Zuckerfabriken einerseits und den Rübenbauernbünden auf der anderen Seite bildet somit die Grundlage für eine sogenannte „Kontrakt-Landwirtschaft", d. h., daß sowohl die Rübenbauern wie auch die Zuckerfabriken durch eine freiwillige Selbstbeschränkung in den letzten 20 Jahren eine Überproduktion vermieden, die Marktversorgung gesichert und der Öffentlichkeit jedwede Subvention - im Gegensatz zu verschiedenen Industrie- und anderen Wirtschaftszweigen - erspart haben.

Die Tullner Zuckerfabrik, deren Hauptaktionäre die Raiffeisen-Zen-tralkasse Niederösterreich-Wien und der Rübenbauernbund für Niederösterreich und Wien sind, wurde 1937/38 über Initiative der Bauernführer Landeshauptmann Reither und Landwirtschaftsminister Buchinger gebaut, wurde während der nationalsozialistischen Ära der deutschen Zuckerzentrale in Berlin unterstellt und war nach dem Krieg in ein Rückstellurtgsverfahren verfangen. 1946 hat die Raiffeisen-Zen-tralkasse Niederösterreich über Initiative des heutigen Aufsichtsratspräsidenten ökonomierat Dr. Rudolf Rasser das nach dem Krieg noch verbliebene Anlagevermögen käuflich erworben und die heutige Tullner Zuckerfabrik Aktiengesellschaft gegründet. Im Rahmen einer umfangreichen Investitionstätigkeit in den Jahren nach 1955 konnte die Tullner Zuckerfabrik zu ihrem heutigen technischen Stand und zu ihrem weit über die Grenzen Österreichs hinausreichenden Ruf gelangen.

Die Tullner Zuckerfabrik verarbeitet in der laufenden Kampagne pro Tag rund 6250 t Zuckerrübe (1938 wurden pro Tag 400 t verarbeitet). Durch eine wissenschaftlich fundierte und in die großindustrielle Praxis umgesetzte Forschungs- und Analysenarbeit hat Tulln eine Methodik zur Beratung der Rübenbauern entwickelt, die im Lauf einer längerfristigen Periode dazu geführt hat, daß die Rübenqualität der Tullner Bauern europaweit an der Spitze liegt.

Diese Beratungstätigkeit, die sich auf hochtechnische Einrichtungen in einem Rübenlaboratorium und in einem Bodenlaboratorium stützt, stellt eine besondere Initiative der genossenschaftlichen Tullner Zuk-kerfabrik dar, die nicht nur um die Produktion eines qualitativ hochwertigen Grundnahrungsmittels bemüht ist, sondern auch die Förderung der Rübenbauern zu ihren Hauptanliegen zählt.

Die Beratung der Landwirte durch die Fachexperten der Fabrik erstreckt sich nicht nur auf die Düngung der Rübenfelder, sondern auch auf die verschiedenen Nährstoffgaben, die erforderlich sind, um die Rübenqualität optimal zu gestalten. Daß diese Forschungsarbeiteninternational große Beachtung gefunden haben, geht beispielsweise daraus hervor, daß der für die Tullner Rohstoffabteilung verantwortliche Prokurist Dipl.-Ing. Dr. Leopold Wiklicky vor einigen Jahren von der Universität in Kiel den Justus-von-Liebig-Preis überreicht erhalten hat. Eine Auszeichnung, die gerne auch als landwirtschaftlicher Nobelpreis bezeichet wird.

In diesem Zusammenhang ist jedoch auch zu betonen, daß die Eigentümer und der Vorstand der Tullner Fabrik für die Mitarbeiter, für alle Arbeiter und Angestellten und deren Sorgen und Probleme stets Aufgeschlossenheit an den Tag legen.

Auf diese Weise wird in Tulln die Sozialpartnerschaft zwischen Unternehmen, Mitarbeitern und Landwirten tagtäglich praktiziert - wie sich zeigt, durchaus mit Erfolg.

Die Tullner Zuckerfabrik beschäftigt ganzjährig rund 400 Arbeiter und 100 Angestellte, was Personalkosten in der Größenordnung von 136 Millionen Schilling erforderlich macht. Für soziale Leistungen werden rund 32 Millionen pro Jahr aufgewendet. Der Gesamtumsatz bewegt sich in der Größenordnung von rund 700 Millionen S. Damit ist die

Tullner Zuckerfabrik auf vielen Sektoren ein maßgeblicher Faktor und Impulsgeber für die österreichische Wirtschaft.

Nicht nur die Tullner Zuckerfabrik, sondern die gesamte österreichische Zuckerindustrie ist in den vergangenen Jahren mit den allgemeinen Kostensteigerungen wesentlich konfrontiert. Nicht nur die Investitionskosten, sondern auch die Energieaufwendungen, das Verpackungsmaterial ebenso wie die übrigen Betriebsmittel sind weit höher gestiegen als der amtlich geregelte Zuckerpreis.

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