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Die Krume unter der Lupe

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Sind nach den Wäldern auch unsere Böden bedroht? Eine Frage, die sich heute nicht nur besorgte Konsumenten, sondern auch zunehmend die Landwirte stellen. Es häufen sich Warnungen, daß es nur mehr eine Frage der Zeit sei, bis auch die Äcker „umkippen“, weil sie den Belastungen durch den Menschen nicht mehr standhalten können.

In der Tat wird dem Ackerboden heute alles abverlangt, werden enorme Uberschüsse produziert, die Fruchtfolgen aber wenig geändert. Dazu kommt die Gefährdung durch Schadstoffe in der Luft, Chemikalien aus den Müllhalden, Schädlingsbekämp-fungs- und Düngemittel. Die irrige Meinung mancher Bauern, ein Mehr an Düngung bedeute ein Mehr an Erträgen, vermehrt das Gefahrenpotential.

Immer mehr rückt daher die Erhaltung der Fruchtbarkeit und Gesundheit des Bodens als eines Teiles der Natur in den Brennpunkt von Ökonomie und Ökologie.

Um die Beseitigung einer dieser Gefahren, der Uberdüngung, bemüht sich seit Mitte der siebziger Jahre die Tullner Zuckerfabrik.

Die Zuckerrübe ist eine Pflanze mit einem sehr ausgewogenen Nährstoffbedarf. Bei ihr wirkt sich ein Zuviel oder Zuwenig an Dünger besonders schlecht aus. Zuwenig Nährstoffe bedeuten eine schlechtere Zuckerrübenquali-

tat und damit Ertragseinbußen für die Bauern. Ein Zuviel an den aufbauenden Stoffen kann die Pflanze nicht verkraften, das Ergebnis ist dasselbe.

Im eigens dafür eingerichteten Bodenlabor in Tulln wurde seit 1974 an einer Methode gearbeitet,

um den optimalen Düngerbedarf für die Zuckerrübe zu errechnen.

Heute gilt das Ergebnis dieser jahrelangen Versuche, die Elek-tro-Ultra-Filtrations-Methode (EUF) als führend bei der Erstellung von Düngeanleitungen für die Landwirte.

Kurz beschrieben besteht dieses Verfahren darin, daß durch Bodenproben die Nährstoffaufnahme der Zuckerrübe simuliert wird. Bei unterschiedlichen Temperaturen und unterschiedlichen elektrischen Spannungen werden die Nährstoffe aus dem Boden ge-

löst. So kann festgestellt werden, welche dieser Kraftspender für die Pflanze leicht verfügbar sind und welche Reserven der Boden im Bedarfsfall noch zur Verfügung stellen kann.

Diese Bodenproben können von den Bauern bei jedem Wetter selbst durchgeführt werden. Eine Probe, bestehend aus 20 Einstichen, reicht für ein bis zwei Hektar.

Aus den dabei gewonnenen Daten errechnet der Computer im Tullner Rechenzentrum die optimale Düngemenge und -Zusammensetzung für den nächsten Anbau. Kostenpunkt derzeit für den einzelnen Landwirt: einhundert Schilling je Probe.

Durch dieses Verfahren verwenden die Bauern nachweislich weniger Dünger, heißt es bei den Genossenschaftern.

Ihr Know- how hat die Tullner Zuckerfabrik bereits an zwei große deutsche Rübenvertreter verkauft. Auch andere Länder wie die Sowjetunion, Ungarn und die Tschechoslowakei zeigen sich interessiert an der österreichischen Innovation.

Derzeit arbeitet man in den Labors in Tulln an der Weiterentwicklung des Verfahrens. 1987 soll es bereits möglich sein, auch andere Pflanzen wie Getreide, Mais und in der Folge auch Gemüse bedarfsgerecht zu düngen.

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