
Die Schändung
Rechtsradikale sitzen auf Hrdlickas Skulptur des straßenwaschenden Juden - und niemand schreitet ein! Eine Empörung.
Rechtsradikale sitzen auf Hrdlickas Skulptur des straßenwaschenden Juden - und niemand schreitet ein! Eine Empörung.
Natürlich war es eine flagrante Verhöhnung des aufrechten Nachkriegsösterreich und aller, für die das „Nie wieder!“ zum Selbstverständnis der Zweiten Republik gehört. Es zeigt ein ebenso flagrantes Versagen des exekutiven Österreich, dass die faschistische Demonstration, die Ende Juli in Wien stattfand, ausgerechnet mitten im „Mahnmal gegen Krieg und Faschismus“ vor der Albertina beginnen konnte.
Als ob diese Ungeheuerlichkeit nicht genug war, machten nun auch Fotos die Runde, wie Rechtsradikale mit ihren feisten Gesäßen auf der Skulptur des straßenwaschenden Juden von Alfred Hrdlicka sitzen. Derartiges – offenbar nicht unterbundenes – Verhalten ist völlig inakzeptabel. Und nimmt den millionenfach entmenschten Opfern der Schoa aufs Neue ihre Würde.
Dass all dies anno 2023 in Wien möglich ist, entlarvt alle Rede von den Lehren der Vergangenheit und dem Kampf gegen Judenhass als politisches Lippenbekenntnis. Es gehörte zur Würde des geläuterten Österreich, diesen Ort vor den Zumutungen der Identitären und deren Spießgesellen zu schützen.
Filmemacherin Ruth Beckermann ließ vor einigen Jahren beim Hrdlicka-Mahnmal Filmfragmente aus 1938 laufen, die straßenwaschende Juden vor einer grinsend-gaffenden Menge zeigten. „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch!“, dichtete bekanntlich Bert Brecht. Wie wahr!