In der Renovierungswelle an der Wiener Staatsoper hat man nun Rossinis „Barbier von Sevilla", das einzige Relikt aus dem repräsentativen Repertoire mit „LTtaliana in Algeri" und „Viaggio a Reims", aufgefrischt. Mit erschreckendem Ergebnis macht man sich auf die Suche nach Spuren von Günther Rennerts Regie. So unkomisch und unkultiviert ging's im Haus des alten Geizkragens Dr. Bar-tolo selten zu.
Das junge Sängerteam der Debütanten ist mehr auf Quantität als auf Qualität der Stimme bedacht. David Kueblers Graf Almaviva fehlte jugendlicher Tenorschmelz, Renato Girolamis Bartolo die witzig-böse Ausstrahlung, Jaako Ryhänens Basi-lio humoriges Verleumdertum und Vesselina Kasarowas Rosina produzierte statt Lieblichkeit schrille Höhen. Vladimir Chemovs Figaro überzeugt - trotz fehlender Schlitzohrigkeit - noch am ehesten.
Dirigent Donald Runnicles, ebenfalls Debütant (an dem Tag, an dem Rossini-Spezialist Claudio Abbado seine Demission einreichte) liebt breite Tempi, Überbetonungen von Phrasen und nimmt Rossinis virtuoser, dahinjagender Musik jeden Zauber. Niveau für „dieses Haus" hatte keiner.