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Zwischenspiel

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Erst Guido Morseiiis Selbstmord im Jahre 1973 erweckte das Interesse des italienischen Verlegers Adelphi für dessen sechs nachgelassenen Romane, denen, zu spät für den Autor, die Nachwelt nun hohe schriftstellerische Begabung, sicheres Stilgefühl und den naiven Charme eines genialen Erzählers bescheinigt.

Die hier vorliegende Geschichte spielt zu Ende des vorigen Jahrhunderts in einem Schweizer Gasthof, in den sich König Umberto I. von Italien inkognito zurückzieht, um für ein paar Tage den Lasten und der Langeweile seiner monarchischen Repräsentationspflichten zu entkommen, und, nebenbei, durch den Verkauf eines seiner Güter, seinen Geldmangel zu mindern.

Ein Feriengast unter anderen, genießt der König mit kindlichem Vergnügen die unbekannte Freiheit von Eisenbahn- und Postkutschenfahrten, Spaziergänge durch die dörfliche Umgebung mit flüchtiger Kontaktaufnahme zu den Einheimischen. Zwei harmlose erotische Episoden erhöhen das menschliche Selbstgefühl des königlichen Ausbrechers.

Nur einmal gerät Umbertos „kleines Glück der Gewöhnlichkeit” in Gefahr: als sich der deutsche Kaiser Wilhelm II. bei ihm zu Besuch ansagt, was sich glücklicherweise als Ubersetzungsfehler eines Briefes herausstellt.

Schließlich macht die Findigkeit eines Journalisten, der Umberto in Göschenen entdeckt, dem königlichen Ausbfuch in die bürgerliche Freiheit ein Ende.

Die Geschichte ist so liebenswert erzählt, daß im Leser Sehnsucht erwacht nach jener vergangenen Welt „inmitten von Kaminsimsen, Blumenschalen, Kutschen und Dampflokomotiven” und nach den sie bevölkernden Personen aus verschiedenen Gesellschaftsschichten. Eine menschenfreundliche Komödie.

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