6585638-1951_45_02.jpg
Digital In Arbeit

Das Ereignis von Washington

Werbung
Werbung
Werbung

Als Präsident Truman am 20. Oktober die Berufung General Mark Clarks zum Botschafter beim Apostolischen Stuhl bekanntgeben ließ, wußte er, daß er damit nicht nur in der Weltöffentlichkeit, sondern auch in der amerikanischen Innenpolitik einen Schritt getan hatte, der breitestes und widerspruchvolles Echo finden würde. Es ist nicht das erstemal, daß dieser gewiegte Politiker und Staatsmann durch überraschende Handlungen die politische Öffentlichkeit in Atem hält. Die Frage der Ernennung eines diplomatischen Vertreters beim Apostolischen Stuhl war nicht erst seit gestern für die amerikanische Innen- und Außenpolitik eine heikle und zugleich wichtige Angelegenheit. Präsident Roose-velt suchte während der Kriegszeit eine Interimslösung zu schaffen, indem er den bekannten protestantischen Industriellen Myron Tailor zum persönlichen Botschafter ernannte. Er konnte sich damals auf Kriegsnotwendigkeiten berufen und auf den Vorteil aller jener Staaten, die beim Apostolischen Stuhl diplomatische Vertretungen aufrechterhielten oder, wie im Falle Hollands, wieder erneuerten —

in einer Zeit, da alliierte Botschafter bei der damals im Feindeslager stehenden italienischen Regierung nicht akkreditiert werden konnten. Die durch die Lateranverträge dem Apostolischen Stuhl zugesicherte Freiheit des diplomatischen Verkehrs war von der italienischen Regierung während der Kriegszeit peinlich genau beobachtet worden, so daß die in der Vatikanstadt lebenden Diplomaten der mit Italien im Krieg befindlichen Mächte beim Heiligen Stuhl unbehelligt blieben und andererseits zu den wichtigsten Repräsentanten der westlichen Kriegführenden in dem für sie sonst unzugänglichen Europa wurden. Die führenden protestantischen Kirchen Amerikas hatten sich dem Wunsch des Präsidenten gebeugt, der eine endgültige Regelung der Frage für die Nachkriegszeit in Aussicht stellte. Durch die Ernennung eines persönlichen Botschafters hatte Roose-velt den amerikanischen Senat der Notwendigkeit enthoben, zu diesem Akt Stellung zu nehmen. Dennoch hat er diesen Schritt nicht ohne vorgängige Fühlungnahme mit den führenden Persönlichkeiten des Senats gemacht.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung