Detektiv mit Herz und Humor

Kriminalwissenschaftliche Erkenntnis in Verbindung mit einer möglichst prägnanten literarischen Aussage charakterisiert das Genre der Öetektivgeschichte. Dies bestätigen aufs neue die vorliegenden Erzählungen, die unter dem Titel „Dagobert Trostler“ von den Taten und Abenteuern eines österreichischen Sherlodc Holmes berichten. Adalbert Goldscheider, der Autor, wurde 1848 im siebenbürgischen Arad geboren, studierte an der Leipziger und Wiener Universität und machte sich unter dem Pseudonym Balduin Groller als Kunstkritiker und Feuilletonist einen Ñamen. Eine Zeitlang war er Chefredakteur der „Neuen Illustrierten Zeitung“, und mehr als zwei Jahrzehnte gehörte er der Redaktion des „Neuen Wiener Journals“ an. 1916, mitten im ersten Weltkrieg, starb Groller, der als überzeugter Pazifist mit dem Kreis um Bertha von Suttner eng verbunden war.

Dagobert Trostler ist, wie Ludwig Plakolb im Nachwort ausführt, eine unverwechselbare, durchaus eigenständige und typisch wienerische Gestalt geworden. Er widmet sich der „edlen Detektivkunst“ als Zeitvertreib. Ansonsten verkehrt er in den Kreisen des Adels, der Hochfinanz, der Industrie und Diplomatie, aber auch mit Künstlern und Theaterleuten. Als Amateurdetektiv verkörpert dieser Dagobert den „freiwilligen Helfer“ par excellence. Sein unvergleichlicher Charme zeugt von Herz und Humor, aber auch von seiner vorbüdlichen Erziehung.

Im übrigen befaßt er sich auch mi dem Neuesten, so mit Daktyloskopie. Alles in allem ist dieser Meisterdetektiv eine Verherrlichung des Privatmannes, des geistig und materiell unabhängigen freien Menschen. Dagobert erweist sich als Poseur aus Tradition, als Aktivist aus Leidenschaft und Gerechtigkeitssinn — eine liebenswerte Gestalt, die uns das Wienerische der Jahrhundertwende in besonders origineller Weise nahebringt.