Europas Hohe Schule

Dem Verfasser,, der nicht erst dem Leser vorgestellt zu werden braucht, ist ein neues kulturgeschichtliches Buch gelungen. Es bringt eine Besuchsreise zu den vornehmsten Hochschulen von Athen bis Uppsala und von Sala-manca bis Istanbul. Die anregende Stoffgliederung nach oft romanhafter Schilderung der Schulgeschichte, nach persönlichem Besuch und nach Verbindung mit europäischen Aspekten gibt Gelegenheit, die Eigenheiten des gehobenen Geisteslebens in verschiedenen Staaten hervorzuheben. Auch Prag mit der ersten deutschsprachigen Universität und Wien mit den Anfängen seiner medizinischen Schule unter Maria Theresia kommen zu Wort. Wenn auch Moskau erst 1755 in das Hochschulleben eintrat, wäre es vielleicht doch der Vollständigkeit halber aufzunehmen gewesen. Alle Einzelkapitel haben den gleichen Ausklang, den Wunsch nach Überleitung zur Europäisierung, die durch Errichtung einer Europauniversität zu krönen sei.

Dieser Wunsch stimmt allerdings nachdenklich, denn einerseits könnte eine Europauniversität als Koordinierungszentrum des Forschens von Nutzen für den allgemeinen Fortschritt sein, anderseits könnte sie aber auch die bestehenden Hochschulen zu De-pendancen degradieren und ihnen die schöpferische Individualität rauben. Was Ellert so ausgezeichnet berichtet, wie nämlich alle Einzelnationen für sich Größtes geleistet haben, stimmt plötzlich nachdenklich, sobald einer geistigen Integration, vielleicht sogar einer geistigen Diktatur im Wege der übergeordneten Europauniversität Vorschub geleistet werden sollte.Wo bliebe dann der Schutz der von der Schöpfung eingerichteten Vielfalt und der so hart errungenen Freiheit von Forschung und Lehre? Das muß gewissenhaft überprüft werden, und dazu regt das vortreffliche Buch Ellerts an. Das Buch wird sich als lesenswertes Geschenk für alt und jung sehr eignen.