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Verwirrspiel um das Testament

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Während die ungarische Nation noch um Premier Antall trauerte, kratzte man bereits an seinem Lebenswerk.

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Während die ungarische Nation noch um Premier Antall trauerte, kratzte man bereits an seinem Lebenswerk.

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Zunächst verschwand Jozsef Antalls politisches Testament, dessen Bekanntgabe der über Nacht zum Parteivorsit- zenden des Demokratenforums avancierte Sandor Lezsak noch am Todestag des Staatsmannes versprochen hatte. Wenig später hieß es, die Veröffentlichung des Dokumentes hänge von der Einwilligung der Familie ab.

Kurz danach berichtigte man sich: der Inhalt des Schreibens beziehe sich auf andere Zeiten und Umstände. Die letzte Variante lautet, es gebe mehrere Schriften Antalls, die als Testament verstanden werden könnten. Der verstorbene Ministerpräsident habe darin jedoch weder ein Zukunftsbild des Forums noch den zu befolgenden Weg aufgezeichnet. In dem Vermächtnis, das nunmehr unauffindbar sein soll, empfahl Antall dem Demokratenforum, den integren Verteidigungsminister Lajos Für, konsequentester Verfechter des Mitte-Rechts-Kurses, zu seinem Nachfolger zu nominieren.

Der Berufspädagoge Lezsak, gefügigster Antall-Anhänger, hat nicht nur den Parteivorsitz an sich gerissen; hinter dem Rücken der parlamentarischen Fraktion, deren Chef Imre Konya nun Innenminister geworden ist, setzte er die Nominierung Peter Boross für den Posten des Regierungschefs durch. Boross wurde mit 201 Stimmen - vom Parlament gewählt, Istvän Csurkas Partei stimmte gegen ihn.

Boross, pensionierter Direktor des größten ungarischen Gastronomieunternehmens, hatte ein halbes Jahr vor seiner Ernennung zum Innenminister als Staatssekretär die Aufsicht über die Geheimdienste übernommen. Er gilt in der Regierungspartei als der konsequenteste Gegner der Veröffentlichung der Geheimarchive des seinerzeitigen kommunistischen Innenministeriums.

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