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Allein Rudern am Ende der Zeiten

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Über Peter Sloterdijks Versuch, eine philosophische Gesellschaftsanalyse in einem gerafften welthistorischen Fresko zu entwerfen.

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Über Peter Sloterdijks Versuch, eine philosophische Gesellschaftsanalyse in einem gerafften welthistorischen Fresko zu entwerfen.

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Der Kürze zwar verpflichtet, frönt der deutsche Philosoph in seinem neuesten Essay dennoch wieder dem für ihn bereits typischen Metaphernreichtum und überbordenden Sprachschatz. So stellt Sloderdijk seiner Betrachtung der „Gattungsgeschichte" der Menschheit ein Schiffahrtsgleichnis voran, demzufolge sich unsere Gesellschaft in drei Stadien entwickelt hat. Bereisen die Menschen in der ersten Periode noch zusammenkauernd den Fluß der Zeit, so gleicht die zweite Epoche dem Weltalter der Küstenschiffahrt. Im dritten Stadium gleicht der Fluß der Zeit eher einem reißenden Strom, während die staatlichen Schiffe zu unlenkbaren Super-Fähren herangewachsen sind.

Dieses Zusammenfügen zu einer großen Erzählung, die Sloderdijk mit einem sarkastischen Augenzwinkern auch als Kritik an der postmodernen These über das Fehlen eines einheitlichen Gedankengebäudes sieht, mündet in ei ner Bestandsaufnahme sozialer und pohtischer Probleme unserer Zeit. So sieht er die heutige Gesellschaft in eine immer größere Zcüil loser Einzelner zerfallen, die im Bevraßtsein der Nicht-Wiederkehr leben. An diesem vermeinth-chen Endpunkt der Menschheitsentwicklung sieht er den Sozialismus als Asozialismus verwirklicht: eine Sackgasse, aus der er nur die seitens der Ökonomen angezettelte Diskussion um die Nachhaltigkeit aller Rohstoffe und Werte als möglichen Ausweg sieht.

So eindrucksvoll sich diese Beweisführung liest, insgesamt erweckt es den Eindruck, als vrärde sie sich nur aufgrund der Knappheit und der dadurch unvermeid-hchen Unscharfe zu einer ganzheitlichen Erzählung schheßen lassen. Akzeptiert man das, so läßt sich dieses Werk dennoch als Kostprobe einer philosophischen Gesellschaftsanalyse verspeisen.

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