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Die Jugendkriminalitat in Osterreich

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Die Sozialstatistik zeigt oft eine monotone Wiederkehr pathologischer Phänomene. Ich habe nachgewiesen*, daß die Kriminalitätsziffern Jahre hindurch nahezu unveränderliche Größen sind und daß diese „Konstanz“ erst nach einem oder mehreren Jahrzehnten in eine deutliche Ab- oder Aufwärtsbewegung umschlägt. Auf eine solche geringe Veränderlichkeit kriminalstatistischer Verhältniszahlen stoßen wir auch bei der Behandlung des Problems des Verbrechens in den Altersschichten der Bevölkerung.

Eine vergleichende Betrachtung verschiedener Strafgesetzgebungen lehrt uns, daß wir zwischen allgemeinen, das heißt, in jedem Strafgesetzbuch anzutreffenden Delikten und besonderen Verbrechenstatbeständen zu unterscheiden haben. Zweckmäßig scheidet man diese aus der Untersuchung aus und faßt jene als „charakteristische“ Delikte in große Gruppen zusammen, und zwar Mord, Totschlag und schwere köiperliche Beschädigung zu den „Verbrechen gegen Leib und Leben“, die Verbrechen des Diebstahls, der Veruntreuung und des Betruges zu den „verbrecherischen Vermögensdelikten“ und Notzucht, Schändung und andere schwere Unzuchtsfälle zu den „verbrecherischen Sittlichkeitsdelikten“.

Ich habe versucht, aus dem Beobachtungsmaterial der vergangenen Jahre ein allgemeines Schema der Verbreitung dieser Verbrechen in den Altersschichten der österreichischen Bevölkerung abzuleiten. Aus dem Minimum von Veränderlichkeit der statistischen Verhältniszahlen, die aus der Beobachtung hervorgingen, schließe ich, daß jeder Deliktsgruppe ein bestimmtes Verteilungsprinzip zugrunde liegt, das eine gewisse Zeit hindurch wirksam ist. Die wirkliche, hinsichtlich ihrer Abweichung nicht weiter erklärbare Verteilung ist dann ein mehr oder weniger verzerrtes Spiegelbild der Grundform. Hierfür ist eine generelle Erklärung leicht zu finden. Die langsame Erneuerung sowohl der Bevölkerung als Ganzes als auch einzelner Gruppen derselben, sowie der das wirtschaftliche und soziale Geschehen auslösenden Momente bei den Individuen, führt auf durchaus natürliche Weise jene Beharrungszustände herbei, deren sichtbaren Ausdruck wir in der geringen Veränderlichkeit der statistischen Verhältniszahlen vor uns haben.

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