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Liebeserklärung an die Literatur

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Im deutschen Exil schrieb der kubanische Autor Jesus Diaz seinen zweiten Roman zu Ende, eine geistreiche Diagnose über literaturpolitischen Verrat in Havanna.

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Im deutschen Exil schrieb der kubanische Autor Jesus Diaz seinen zweiten Roman zu Ende, eine geistreiche Diagnose über literaturpolitischen Verrat in Havanna.

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An seiner Kritik zum absurden Polit-Slogan „Sozialismus oder Tod” entzündete sich die Havanna-Polemik, die aus dem begonnenen Stipendiatenaufenthalt des kubanischen Romanciers Jesus Diaz in Berlin ein bis heute andauerndes deutsches Exil machte. Hier beendete er seinen zweiten Roman, der 1992 in Barcelona erschien und in Kuba bislang ungelesen ist, weil er auf dem Index steht.

Jesus Diaz, Jahrgang 1941, gehört zur Riege der lateinamerikanischen Schriftsteller, die in ihrer Heimat zur persona non grata erklärt wurden, ob von Rechts oder eben auch von Links. Kuba ist durchaus mehr als ein postsozialistisches Modell in Lateinamerika. Deshalb engagiert sich der Romancier um die Geschicke seines karibischen Insellandes. Kuba ist mehr als ein Freizeitpark für Exotiktourismus oder romantische Po-litreisende. Es ist ein literarischer Mikrokosmos im Labyrinth der lateinamerikanischen Kulturen.

Gegen die Politik der Propaganda wird hier das Wort des poetischen Geistes gestellt, Refugium und Spiel, das eigentlich kein

Spiel ist, sondern Existenzraum. Um eine neugegründete Literaturzeitschrift, die doch niemals erscheinen wird, verweben sich die literarischen Handlungsstränge zwischen Havanna und Moskau und bewegen sich die Hauptfiguren: drei Männer und eine Frau. Mit retrospektiven Überblendungen erhält die Erzählstruktur eine Tiefendimension, die das mediok-re Geschehen in den offiziellen Literaturzirkeln kritisch distanziert beleuchtet und dennoch aktiv unterwandert. Die einst hoffnungsfrohe kubanische Realität der 60er Jahre verwandelt sich zunehmend in ein tragisches Szenario. In dieser Welt der Literatur gibt es nur den einen Weg des Scheiterns, der zugleich heldenhaft, revolutionär und avantgardistisch im eigentlichen Sinn ist.

Der Roman von Jesus Diaz handelt von der anderen Politik der Literatur: ein Dorn in manchen Augen und Intellektuellenkreisen, der den Zorn des kubanischen Kulturministeriums herausforderte und noch tief sitzt.

DIE VERLORENEN WORTE Von Jesus Diaz. Aus dem Spanischen von Wilfried Böhringen R, Piper Verlag, München 199). 397 Seiten, öS 322,-.

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