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Regeln im Reich der Fantasie

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Erstmals In Wien werden Oskar Schlemmers Werke für Bühne und Theater gezeigt.

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Erstmals In Wien werden Oskar Schlemmers Werke für Bühne und Theater gezeigt.

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In der Gegenwartskunst gibt es zahlreiche Tendenzen, die auf die Darstellung des Menschen vollkommen verzichten. Die in der Kunst- Halle Wien Oskar Schlemmer — einem Allround-Künstler im Sinne des Gesamtkunstwerks - gewidmete Ausstellung ist so gesehen die Präsentation eines Anachronismus.

Schlemmer wollte eine enge Beziehung zwischen Theater und Malerei. In seinem Werk geht es daher um nichts anderes als den Menschen, um die Bewegung der menschlichen Figur. Seinen künstlerischen Überlegungen liegt das Motiv „Raum und Mensch“ zugrunde.

Sein Streben nach Objektivierung brachte den Bauhauskünstler dazu, die geometrisch vereinfachte „Flächenfigur“ über den „Differenziermenschen“ zu entwickeln. Die proportionale Ordnung der Bilder sollte Maßstab einer künftigen Architektur sein. Im November 1919 notierte Schlemmer in seinem Tagebuch, daß die Bilder Tafeln sein sollten, „die den Rahmen sprengen, um sich der Wand zu verbinden und ein Teil der größeren Fläche, des größeren Raums als sie selbst, zu werden, solcherart Teil einer gedachten, erwünschten Architektur.

In ihnen ist komprimiert, auf ein kleines zusammengepreßt, was Form und Gesetz ihrer Umgebung wäre. In diesem Sinn: Gesetzestafeln.“

Bestürzend an der vielfältigen Präsentation, die dem Avantgardisten der zehner und zwanziger Jahre unseres Jahrhunderts durchaus gerecht wird, ist erneut die Bestätigung einer Erkenntnis: Die Kulturpolitik der Nationalsozialisten hat auch die Überlegungen Oskar Schlemmers (1888-1943) schlagartig unterbunden. Wie anders hätte sich die bildende Kunst sonst entwickeln können!

Es mag unwissenschaftlich klingen, wird aber erneut klar: Schlemmer entwickelte Konzepte, die von einer humanen Stimmigkeit getragen werden, der jede Form eines Giganto- manismus ebenso fremd ist wie eine krampfhafte Sucht nach Innovation, die sich lediglich in Privatmythologien gefällt und damit niemanden und nichts mehr erreicht. Am schönsten wird diese Stimmigkeit in Schlemmers Arbeitsweise wohl dadurch dokumentiert, daß er sich um Inszenierungen von Werken unter anderem von Paul Hindemith und Igor Strawinsky bemühte.

Auch das Skizzenbuch „Tanz Figurinen“, das „Tria- dische Ballett“ und das erst 1941 entstandene „Lackballett“ zeigen die intensive Auseinandersetzung mit dem Bühnen- und Körperraum. (Bis 29. Jänner 95)

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